Die neuerliche verfassungsgerichtliche Ablehnung der Art, wie die Regierung Studiengebühren einheben will, zeigt mindestens drei Grundprobleme der österreichischen Politik:

1. Der Verfassungsgerichtshof verstärkt sein Gewicht gegenüber Regierung und Nationalrat. Weil

2. die direkt und indirekt Gewählten als Personen bzw. Teil der Gremien Parteipräferenzen vor Rechtssicherheit stellen. Und weil

3. die Minister sich der jeweiligen Partei sogar stärker verantwortlich fühlen als den Staatsaufgaben. Dazu kommt

4. die latente Unklarheit über die Prioritätensetzung.

All das trifft seit vielen Jahren auf die Universitäten zu. Denn diese Institutionen werden zwar verbal hochgehalten, faktisch aber kleingehalten. Die Landwirtschaft ist der Politik wichtiger als die Universitäten.

All das ist am Wochenende wieder einmal auf den armen Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle eingestürzt, der immer noch glaubt, mit der "autonomen Einhebung" von Studiengebühren durch die Universitäten wenn nicht schon den, so wenigstens einen Stein der Weisen gefunden haben. Leider, sagen die Verfassungsrichter, ist es der falsche. Recht rangiert vor Meinung, das würde auch Platon nicht anders sehen.

Töchterles Probleme beginnen ja bereits beim Begriff "autonom", den ihm Wolfgang Schüssel und Elisabeth Gehrer eingebrockt haben. Denn diese Autonomie hat von Anfang an nur auf dem Papier bestanden.

In Eigenregie die Professoren aussuchen zu können, hat den Unis mehr Selbständigkeit gebracht. Aber zur wirklichen Autonomie fehlt ihnen sowohl wirtschaftliche als auch grundrechtliche Unabhängigkeit. Ihre Finanzkraft ist von den sogenannten Leistungsvereinbarungen mit dem Ministerium abhängig. Der Minoritenplatz kann sie jederzeit verändern, die Unis nicht. Grundstücke und Gebäude gehören der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG). Die Uni-Gremien können ohne sie weder kaufen noch verkaufen. Schließlich: Die Uni-Räte sind, was ja auch beabsichtigt war, Aufsichtsräte in Sachen Rektorenbestellung.

In diesem Unternehmensklima geriet auch die Einführung der Studiengebühren zur Drittmittelbeschaffung, was Töchterle selbst so sieht. Während industrielle Geldgeber über die Verwendung ihrer Mittel bestimmen können, dürfen zahlende Studierende das nicht in ausreichender Weise. Die Hochschülerschaft hat zu wenig Mitspracherecht.

Töchterle hat zuletzt auch sein Eigensinn ein Haxerl gestellt. Jene acht "autonomen" Universitäten, die auf sein Anraten Gebühren eingehoben haben, sollen ihr an die Studierenden refundiertes Geld zurückerhalten. Vom Staat.

Die übrigen 13, die sich "korrekt" verhalten haben, werden dafür nicht belohnt. Ihnen bleibt die "autonome" Widerspenstigkeit.

Töchterle mutiert damit endgültig zum "Minister von der traurigen Gestalt". Er passt besser ins Parlament, wo er künftig als Vertreter Tirols mit Bildung und Erfahrung brillieren könnte. (GERFRIED SPERL, DER STANDARD, 29.7.2013)