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Yvonne Meusburger darf im 15. Profijahr endlich nach einem Titel lachen. Wobei Tennis auch davor Sinn und Spaß gemacht hat. Sie wird dem Sport immer verbunden bleiben.

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Standard: Wie ist das Befinden knapp eine Woche nach Ihrem ersten Turniersieg?

Meusburger: Ich kann es mehr und mehr realisieren, es ist ein schöner Gemütszustand. Es kommen immer wieder Momente aus Bad Gastein hoch. Ich bekomme unzählige Mitteilungen und Anrufe, das ist eine neue Erfahrung.

Standard: Macht Tennis nun wirklich Sinn?

Meusburger: Tennis hat auch davor Sinn gemacht. Aber ich habe das umsetzen können, was mir die Jahre davor nicht gelungen ist. Ausdauer, Hartnäckigkeit und harte Arbeit lohnen sich.

Standard: Man hat als Kind Erwartungen und Träume, die sich im Laufe der Zeit ändern. Wichen die Träume dem Realismus? Andrerseits haben Sie nie gesagt, Nummer eins werden zu wollen.

Meusburger: Geträumt habe ich immer von einem Titel. Das ist nun in Erfüllung gegangen. Ein bisserl realistisch muss man bleiben.

Standard: Passt Platz 58 in der Weltrangliste, oder geht da noch mehr?

Meusburger: Ich habe das Gefühl, dass noch eine Menge Luft nach oben ist. Ich habe das Gefühl, dass es erst jetzt so richtig losgeht. Mein Körper funktioniert, ich bin hungrig. Es wäre unlogisch, auch nur einen Gedanken ans Karriereende zu verschwenden.

Standard: Ist es ein Vorteil, den Erfolg erst in einem gewissen Alter zu erleben? Man kann damit möglicherweise besser umgehen als eine pubertierende 15-Jährige.

Meusburger: Beides hat Vor- und Nachteile. Jeder Mensch entwickelt sich anders, ich war einfach in jungen Jahren nicht so weit. Man muss im Leben für Veränderungen bereit sein, und man muss sich Zeit dafür geben, das Ganze umzusetzen. Bei mir ist das jetzt der Fall. Und ich akzeptiere das mit großer Freude.

Standard: Als Vorbilder nennen Sie Pete Sampras, Roger Federer, Felix Gottwald und Magic Johnson. Wie kommt man auf so eine Mischung, und warum ist keine Frau dabei?

Meusburger: Dass es nur Männer sind, ist reiner Zufall. Es sind Personen, die mich auf irgendeine Weise inspirieren.

Standard: Was ist das Inspirierende an Gottwald, dem Olympiasieger in der Kombination?

Meusburger: Wie er als Sportler gelebt hat, da erkenne ich mich wieder, da gibt es Ähnlichkeiten. Ich habe immer zu ihm raufgeschaut, ohne ihn persönlich zu kennen.

Standard: Apropos Raufschauen. Sie haben noch nie gegen Serena Williams oder Maria Scharapowa gespielt. Wissen die eigentlich, wer Frau Meusburger ist?

Meusburger: Keine Ahnung. Aber Duelle mit den beiden würden mich reizen. Man spielt ja auch Tennis, um irgendwann in Wimbledon auf dem Centre-Court angesetzt zu sein. Das ist ein Ziel von mir, da braucht man Losglück.

Standard: Tennis ist praktisch der einzige Sport, in dem Gleichberechtigung herrscht. Die Wimbledon-Siegerin kassiert genau so viel wie der Wimbledon-Sieger. Trotzdem wird das Damentennis immer noch sehr über die optische Schiene und nicht über die Leistung transportiert. Stört Sie das?

Meusburger: Darüber mache ich mir, ehrlich gesagt, keine großen Gedanken. Man steht in der Öffentlichkeit, da geht es ein bisserl ums Aussehen. Ich finde es auch nett, auf dem Tennisplatz ein hübsches Kleid zu tragen. Das tue ich für mich, nicht für andere.

Standard: Steckt das österreichische Tennis trotz Ihres Sieges in der Krise? Tamira Paszek befindet sich im Dauertief, Jürgen Melzer hat wohl mehr Vergangenheit als Zukunft?

Meusburger: Es gibt keine Krise. Im Sport wechseln Ups und Downs, das ist normal.

Standard: Ein Nachwuchsproblem ist aber nicht zu leugnen. Warum sollten Buben oder Mädchen mit Tennis beginnen?

Meusburger: Weil es ein vielseitiger Sport ist. Weil man in der Welt herumkommt, sich mit anderen messen kann. Das ist das Schöne.

Standard: Kann das Schöne nicht auch hässlich werden? Thomas Muster zuckt vermutlich heute noch beim Anblick eines Hotelzimmers aus.

Meusburger: Das ist Jammern auf hohem Niveau. Sicherlich lebt man viel aus dem Koffer, aber es handelt sich ja nur um eine Zeitspanne. Wenn man sich anschaut, wie gut es uns im Vergleich mit anderen Berufsgruppen geht und wie viel Spaß wir haben, sollte man ruhig sein. Wir können am Abend fein essen, tagsüber ein bisserl trainieren und ein Match spielen. Das ist ein schönes Leben. Da muss man Demut haben.

Standard: Sie haben nun knapp eine Million Dollar Preisgeld verdient. Ausgesorgt?

Meusburger: Nein, natürlich nicht. Tennis ist teuer, man hat viele Ausgaben, ich investiere in Trainer, das ist wichtig. Aber ich bin ein Mensch, der, wenn er ein gutes Turnier spielt, sich belohnt, einkaufen geht, etwas für die Seele tut.

Standard: Wie sah die Belohnung für Bad Gastein aus?

Meusburger: Die kommt erst. Im November fahre ich das allererste Mal auf Urlaub. Für zwei Wochen, irgendwohin. Die Zeit ist reif. (Christian Hackl, DER STANDARD, 27./28.07.2013)