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Die Regelung von autonomen Gebühren führe zu "sachlich nicht gerechtfertigten Unterscheidungen", meint der Gerichtshof.

Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Der Verfassungsgerichtshof hat entschieden, dass Universitäten selbst keine Studiengebühren einheben dürfen. Das teilte Gerichtspräsident Gerhart Holzinger am Freitag mit. Die laufenden Prüfverfahren zu den einzelnen Beschwerdeverfahren sind zwar noch nicht abgeschlossen, trotzdem könnten die Universitäten schon Vorkehrungen für die Rückzahlung der Studiengebühren an die Studierenden treffen, erklärte der Verfassungsgerichtshof.

Im Wintersemester 2012/13 hatten die Senate von acht Universitäten selbst Studiengebühren in ihren Satzungen beschlossen. Mittlerweile hat die Regierung das Gesetz zu den Studiengebühren repariert, weshalb nur im Wintersemester 2012/13 autonome Studiengebühren eingehoben wurden. Damals wollte die Regierung gleichzeitig die autonom eingehobenen Studiengebühren rückwirkend auf eine gesetzliche Grundlage stellen, diese gesetzliche Sanierung hat der VfGH nun aufgehoben.

"Staat hat besondere Verantwortung"

Die Übertragung der Kompetenz für die Einhebung der Studiengebühren sei ausgeschlossen, erkannten die Verfassungsrichter. "Den Staat trifft für die Finanzierung der öffentlichen Universitäten eine besondere Verantwortung, das bedingt notwendigerweise eine gesetzliche Regelung für Studiengebühren", sagte Holzinger. Das Einheben von Studienbeiträgen zähle nicht zum autonomen Wirkungsbereich der Universitäten.

"Widerspricht dem Gleichheitsgrundsatz"

Die Regelung von autonomen Gebühren führe zu "sachlich nicht gerechtfertigten Unterscheidungen" und widerspreche damit dem Gleichheitsgrundsatz, meint der Gerichtshof. Studierende an der Technischen Universität Graz hätten etwa einen Studienbeitrag leisten müssen, jene an der Technischen Universität Wien jedoch nicht.

Umgang mit Rückforderungen müssen die Universitäten regeln

Ob die Studierenden bereits gezahlte Studienbeiträge jetzt zurückfordern können, "müssen die Universitäten selbst regeln", sagte Holzinger. Die Aufgabe des VfGH sei die Prüfung des Gesetzes gewesen, was mit den konkreten Verfahren vor Ort passiere, könne der Gerichtshof nicht sagen. "Ich glaube aber, dass unsere Entscheidung so deutlich ist, dass die Verantwortlichen die richtigen Schlüsse ziehen werden", so Holzinger. Bereits abgelehnte Rückforderungsanträge müssten jedenfalls im Lichte der VfGH-Entscheidung neu begutachtet werden.

Mayer: "Politische Erklärung"

Verfassungsrechtler Heinz Mayer, der in einem Gutachten für das Wissenschaftsministerium festgestellt hatte, dass autonome Studiengebühren rechtlich zulässig sind, bezeichnet die Begründung der Entscheidung des VfGH im Gespräch mit derStandard.at als "politische Erklärung". Das Argument, dass der Staat für die Finanzierung öffentlicher Universitäten eine besondere Verantwortung habe, sei  kein juristisches, so Mayer. "In anderen Ländern ist es durchaus üblich, dass Universitäten selbst Gebühren einheben".

Auch die Begründung, dass es sachlich nicht gerechtfertigt sei, dass etwa an der TU Graz Studiengebühren eingehoben werden und an der TU  Wien nicht, lässt Mayer nicht gelten. "Die Autonomie der Universitäten bringt mit sich, dass die Situation an jeder Universität anders ist". So sei zum Beispiel ein Jus-Studium an einer Fakultät aufwändiger als an einer anderen.

Töchterle: Geld wird ersetzt

Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle kündigte an, dass die Gebühren, die zurückgezahlt werden müssen, den Universitäten rückerstattet werden. Laut ersten Berechnungen gehe es um zwölf Millionen Euro. An seiner Forderung nach Studiengebühren hält Töchterle fest. Er sieht in dem Urteil den Auftrag, "eine klare gesetzliche Möglichkeit für die autonome Einhebung von Studienbeiträgen zu schaffen".

Uniko froh über Rechtssicherheit

Die Universitätenkonferenz (uniko) geht man davon aus, dass das dafür nötige Geld den Unis vom Wissenschaftsministerium ersetzt wird, so die Generalsekretärin Elisabeth Fiorioli.

Die uniko sei froh, "dass nun Rechtssicherheit hergestellt ist, wie die Entscheidung über die Einhebung von Studienbeiträgen zu erfolgen hat." Sie falle nicht in den autonomen Wirkungsbereich der Universitäten, sondern liege in der Verantwortung des Gesetzgebers. "Die Unis dürfen nicht als Experimentierfeld für Entscheidungen missbraucht werden, die aufgrund politisch festgefahrener Positionen von den dafür Verantwortlichen nicht getroffen werden."

Uni Wien kündigt Rückzahlung an

Die Einhebung der Gebühren sei von einem hohen bürokratischen Aufwand begleitet gewesen, so Fiorioli: "Das hat viel administrative Kapazität gekostet." Gleiches gelte nun für die Rückzahlung.

Auch der Rektor der Universität Wien, Heinz Engl, kündigte die Rückzahlung an. "Die Universität Wien wird nach dem heutigen Entscheid alle Vorkehrungen für eine Rückzahlung treffen und diese nach Vorliegen der Entscheidung durchführen", hieß es in einer Stellungnahme. Die größte Uni des Landes ist eine jener acht Hochschulen, die Gebühren autonom eingehoben haben. Daneben haben dies noch die Uni Innsbruck, die Wirtschaftsuniversität (WU), die Uni Graz, die Technische Uni (TU) Graz, die Uni Linz, die Veterinärmedizinische Universität und das Mozarteum Salzburg getan.

Der Uni Wien sei es immer um Rechtssicherheit gegangen, betonte Engl: "Ich begrüße zwar nicht den Inhalt der Entscheidung, wohl aber dass rechtliche Klarheit geschaffen wurde." Besonders wichtig sei die Zusage der vollen Refundierung der rückerstatteten Beiträge durch Töchterle.

ÖH: Niederlage für Töchterle

Die Österreichische HochschülerInnneschaft (ÖH) fühlt in einer Presseaussendung durch den VfGH-Entscheid bestätigt. "Die ÖH hat mehrmals Bedenken an diesem Vorgehen geäußert. Jetzt wurde wieder einmal zu unseren Gunsten entschieden", so ÖH-Generalsekretärin Viktoria Spielmann. "Was Töchterle seit seinem Antritt als Wissenschaftsminister im Bereich der Studiengebühren getan hat, kann man nur als Frotzelei aller Beteiligten werten." Die ÖH fordert die Universitäten auf, Vorkehrungen für die Rückzahlung der Studiengebühren zu treffen. Der Wissenschaftsminister solle die Gebühren dann zurückerstatten. "Ob Töchterle endlich persönliche Konsequenzen aus dieser Niederlage zieht, bleibt abzuwarten."

Töchterle hatte autonome Gebühren angeregt

Zu den autonomen Studiengebühren war es deshalb gekommen, weil sich die Regierung damals auf keine Reperatur des Gesetzes zu den Studiengebühren einigen konnte. Ebenfalls wegen einer Entscheidung des VfGH liefen die Studiengebühren deshalb im März 2012 aus. Töchterle regte deshalb mit der Berufung auf ein Gutachten die Universitäten dazu an, die Studiengebühren selbst einzuheben. Dies ist allerdings verfassungswidrig, wie der VfGH jetzt festgestellt hat. (lis/juni, APA, derStandard.at, 26.7.2013)