Der Verfassungsgerichtshof hat entschieden: Facebook soll kein Tabu mehr für den ORF sein.

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Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat das im ORF-Gesetz enthaltene Facebook-Verbot für den öffentlich-rechtlichen Sender als verfassungswidrig aufgehoben. "Es verstößt gegen die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Meinungsäußerungsfreiheit und Rundfunkfreiheit, wenn dem ORF Verlinkungen und Kooperationen mit sozialen Netzwerken verboten werden", heißt es in der Mitteilung. Und weiter: "Es gibt keine besonderen Umstände, die eine solche Regelung rechtfertigen würden."

Eigenes Netzwerk bleibt verboten

Nicht verfassungswidrig hingegen ist, dass der ORF selbst kein eigenes soziales Netzwerk gründen und betreiben darf. Der VfGH betont hier die "besondere Stellung des ORF im Wettbewerb mit privaten Rundfunkanbietern".

Die Entscheidung kommt nicht überraschend, bereits im März äußerte der Verfassungsgerichtshof Bedenken und erteilte dem Verbot "aufschiebende Wirkung", wie VfGH-Präsident Gerhart Holzinger bei einer Pressekonferenz sagte. Ab der Kundmachung der Entscheidung in den kommenden Tagen sei das Verbot aufgehoben. Der ORF kann sich dann in sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter frei bewegen.

Reaktionen: ORF wird 2.0

In einer ersten Reaktion auf Twitter sagte ORF-Chef Alexander Wrabetz, der Einsatz habe sich gelohnt, man freue sich mit dem Publikum. Er habe das "sogenannte 'Facebook-Verbot' für eine massive, unakzeptable Einschränkung unser Möglichkeit mit dem Publikum zeitgemäß zu kommunizieren gehalten", teilt er später per Aussendung mit. Nach diesem "Meilenstein" werde der ORF "die Möglichkeiten des Web 2.0 nun nutzen, um noch stärker mit dem Publikum auch auf den neuen Plattformen zu kommunizieren."

Wichtig sind für den ORF-Chef vor allem zwei Aussagen im VfGH-Erkenntnis. Das Gericht habe demnach festgehalten, dass es zugunsten des Wettbewerbs sehr wohl Beschränkungen für den ORF geben kann, aber es müsse Verhältnismäßigkeit gegeben sein. "Dieses Verbot war unverhältnismäßig. Das ist wesentlich auch über den Anlassfall hinaus", betonte Wrabetz. Weiters habe der VfGH festgehalten, dass der ORF zwar nicht selbst soziale Netzwerke betreiben darf, "aber dass wir sie nutzen können, um mit unserem Publikum zu kommunizieren". Die ursprüngliche gesetzliche Formulierung hätte diese Interpretation übrigens ermöglicht, von den Medienbehörden sei dies aber in der Folge zu eng interpretiert worden.

Wrabetz: "Keine kommerziellen Kooperationen"

"Wir können damit unsere Facebook-Angebote Ö3 und FM4 weiter betreiben und werden auf dieser Basis weitere Angebote starten. Wir wollen diese Möglichkeit der Kommunikation mit dem Publikum auf Augenhöhe verstärkt auf Unternehmensebene, auf Senderebene und auf Sendungsebene betreiben", skizzierte Wrabetz die Marschrichtung der weiteren Social Media-Aktivitäten des ORF. "Es gilt aber auch, dass wir keine Kommerzialisierung dieser Möglichkeiten ins Auge fassen, und wir werden auch keine kommerziellen Kooperationen eingehen."

Darauf pochen auch die Verleger. Der Pressesprecher des VÖZ, Andreas Csar, betonte via Kurznachrichtendienst, wichtig sei, "dass ORF auch in Zukunft keine kommerziellen Deals mit Facebook eingeht".

Anlass für die Klärung durch den VfGH waren Entscheidungen der Medienbehörde KommAustria sowie des Bundeskommunikationssenats aus dem Frühjahr 2012, wonach die Facebook-Aktivitäten des öffentlich-rechtlichen Senders nicht dem ORF-Gesetz entsprächen. Insgesamt 39 ORF-Auftritte im sozialen Netzwerk wurden beanstandet. Der ORF zog gegen diesen Bescheid sowohl vor den VfGH als auch vor den VwGH, jeweils verbunden mit einem Antrag auf aufschiebende Wirkung. Beide gewährten diese auch, der ORF durfte bis zur endgültigen Klärung der Causa durch den Verfassungsgerichtshof (der VwGH wies die Beschwerde als unbegründet ab) auf Facebook aktiv bleiben. (sb/APA, derStandard.at, 26.7.2013)