Moskau - Sieben Jahre nach der Ermordung der kremlkritischen Journalistin Anna Politkowskaja hat vor einem Gericht in Moskau eine neue Hauptverhandlung gegen fünf Tatverdächtige begonnen. Auf der Anklagebank sitzen der mutmaßliche Todesschütze, der angebliche Organisator des Verbrechens sowie Komplizen, wie das Stadtgericht am Mittwoch mitteilte. Die Männer im Alter zwischen 31 und 55 Jahren beteuerten zum Prozessauftakt ihre Unschuld. Die Reporterin der regierungskritischen Zeitung "Nowaja Gaseta" war am 7. Oktober 2006 vor ihrer Moskauer Wohnung erschossen worden.

Die Beschuldigten stammen aus der russischen Konfliktrepublik Tschetschenien im Nordkaukasus. Von dort hatte Politkowskaja auch über schwerste Menschenrechtsverstöße berichtet. Der Auftraggeber für den Mord sei weiter nicht bekannt, kritisierte Chefredakteur Dmitri Muratow. Deshalb sei das Verbrechen weiter nicht aufgeklärt. Insgesamt fehle es an Vertrauen in das Verfahren, sagt er.

Die mit internationalen Auszeichnungen geehrte Politkowskaja war eine der schärfste Gegnerinnen von Kremlchef Wladimir Putin. Sie wurde am 7. Oktober 2006 - dem Geburtstag Putins - vor ihrer Wohnung in Moskau erschossen. Das Verbrechen hatte weltweit Entsetzen ausgelöst. Seit Jahren verspricht Russland der internationalen Gemeinschaft Aufklärung.

Kinder bleiben Prozessauftakt fern

Die als Nebenkläger auftretenden Kinder Politkowskajas - Vera und Ilja - blieben dem Prozessauftakt demonstrativ fern. In einer schriftlichen Erklärung kritisierten sie, dass das Gericht die Geschworenen-Jury in Abwesenheit der Nebenkläger bestimmt habe. Sie hatten darum gebeten, mit dem Prozess erst nach Rückkehr ihrer Anwälte am 29. Juli zu beginnen.

Dagegen sagte Richter Pawel Melechin nach Angaben der Agentur Interfax: "Das Gericht hält den Prozessstart nach allen Gegebenheiten für möglich." Die Verhandlung sei jeweils von montags bis donnerstags angesetzt. Beobachter meinten, dass die Justiz vor dem Jahrestag des Mordes unter großem Erfolgsdruck stehe.

Politkowskajas Tod gilt als Symbol für viele Verbrechen an regierungskritischen Journalisten in Russland. Deutschland, die EU und die USA verlangen seit Jahren handfeste Beiweise in dem international beachteten Mordfall. Ein erster großer Prozess zu der Bluttat endete 2009 für die Angeklagten mit einem Freispruch aus Mangel an Beweisen. Das Oberste Gericht Russlands hob das Urteil anschließend teilweise auf und ordnete ein neues Verfahren an. (APA, 24.7.2013)