Nach wochenlangem Zwangsaufenthalt am Moskauer Flughafen Scheremetjewo kann der frühere NSA-Mitarbeiter Edward Snowden nun offenbar den Transitbereich des Airports verlassen. Russlands Einwanderungsbehörde habe ihm die notwendigen Papiere dafür ausgestellt, berichtete die russische Nachrichtenagentur RIA Nowosti am Mittwoch. Während sein Asylantrag geprüft werde, dürfe sich Snowden damit auf russischem Staatsgebiet bewegen.

Keine offizielle Bestätigung

Der flüchtige Computerspezialist könnte laut der Agentur Interfax den Flughafen umgehend verlassen. "Der Amerikaner macht sich gerade zum Aufbruch bereit", wurde eine mit dem Vorgang vertraute Person zitiert. "Er bekommt jetzt neue Kleidung." Am Flughafen bildete sich nach den ersten Medienberichten sofort eine große Traube aus wartenden Journalisten und Kamerateams. Russlands Einwanderungsbehörde wollte sich ebenso wenig äußern wie die Enthüllungsplattform Wikileaks, die Snowden beratend unterstützt.

Snowden saß seit dem 23. Juni im Transitbereich des Flughafen fest, da die USA seine Reisedokumente für ungültig erklärt hatten. Der IT-Experte hatte Anfang Juni mit der Enthüllung geheimer Staatsprogramme zur Überwachung der weltweiten Internet- und Telefonkommunikation für internationales Aufsehen gesorgt. Die Vereinigten Staaten verlangen seine Auslieferung, was Russland mit Verweis auf ein fehlendes Abkommen verweigert. Die US-Justiz will Snowden wegen Spionage sowie Diebstahls und Weitergabe von Regierungseigentum den Prozess machen.

Ausweispapiere fehlten

Nicaragua, Venezuela und Bolivien boten dem 30-Jährigen zwar Zuflucht an, da ihm jedoch die Ausweispapiere zur Weiterreise fehlen, konnte er ihre Offerte nicht in Anspruch nehmen. Deshalb beantragte der Informant schließlich in Russland Asyl. Nach Angaben eines ihm nahestehenden Anwalts könnte Snowden sogar die russische Staatsbürgerschaft beantragen und sich dort Arbeit suchen. Der Streit über sein Schicksal hat die ohnehin schon belasteten Beziehungen zwischen Washington und Moskau zuletzt zusätzlich strapaziert.

Während Snowdens Enthüllungen von vielen Mitbürgern und Politikern seines Heimatlandes scharf kritisiert werden, bekommt er in Deutschland eine Auszeichnung dafür: Der Computerspezialist habe "als Insider die massenhafte und verdachtsunabhängige Ausforschung und Speicherung von Kommunikationsdaten durch westliche Geheimdienste öffentlich gemacht" und sich damit den Whistleblower-Preis 2013 verdient, erklärte die Antikorruptions-Organisation Transparency International, die sich dieses Jahr erstmals an der Vergabe beteiligt.

Whistleblower-Preis

Seit 1999 wird der mit 3.000 Euro dotierte Preis alle zwei Jahre von der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler (VDW) und der deutschen Sektion der International Association of Lawyers Against Nuclear Arms (IALANA) verliehen. Mit dem Whistleblower-Preis zeichnen die Organisatoren Menschen aus, "die im öffentlichen Interesse schwerwiegende Missstände und gefährliche Entwicklungen für Mensch und Gesellschaft, Demokratie, Frieden und Umwelt aufdecken". In ihren Augen nahm Snowden mit der Weitergabe der Informationen angesichts drohender strafrechtlicher Folgen "schwerwiegende Nachteile für sich persönlich in Kauf". (APA/AFP, 24.7.2013)