Der Fall Linz/Bawag/Spekulation beweist erneut, dass die Sozialdemokratie genauso gut im Produzieren von spekulationsgetriebenen Finanzkatastrophen ist wie die "neoliberalen" Zocker, vor denen sie immer warnt.

Linz hat sich unter seinem SP-Bürgermeister Franz Dobusch, ein bulliger "Macher"-Typ, der sich noch um seine Verantwortung zu drücken versucht, auf ein Geschäft eingelassen, dass nun mit einem riesigen Verlust zu enden droht. Besonders auffällig die Sturheit, mit der Dobusch Ausstiegs- und Vergleichsangebote der Bawag vom Tisch wischte.

Die Großpleiten Konsum, Bawag, das Schicksal der Bank Austria, die der Stadt Wien (unter Bürgermeister Häupl) irgendwie abhandengekommen ist, und die Spekulationen in Salzburg sind von sozialdemokratischen Funktionären zu verantworten. Die De-facto-Pleite der gesamten verstaatlichten Industrie (Ausnahme: OMV) Mitte der 80er-Jahre des vorigen Jahrhunderts ebenfalls.

Angesichts dessen klingt die antikapitalistische Rhetorik, mit der die SPÖ, unterstützt von Grünen, AK, Attac und Gewerkschaften, in den Kampf um die Meinungshegemonie zieht, reichlich abgestanden. Turbokapitalismus und ungehemmte Finanzspekulation sind in der Tat destruktiv - im Gegensatz zur Sozialen Marktwirtschaft, dem besten zur Verfügung stehenden Modell; blöd nur, wenn sich ausgerechnet sozialdemokratisch geführte Kommunen und Länder auch in die superkapitalistische Finanzspekulation stürzen.

Warum tun die das? Wenn konservativ geführte Bundesländer und Kommunen zum Mittel der hochriskanten Finanzspekulation greifen, kann man ja noch nach herrschender antineoliberaler Lehre ein böses VP-Gen verantwortlich machen. Aber die antikapitalistischen Roten?

Die Haupterklärung liegt wohl darin, dass den Ländern und Kommunen das Geld ausgeht. Nicht nur den "roten", aber denen ein wenig mehr, weil diese eine expansivere Ausgabenpolitik betreiben. Die Stadt Wien zum Beispiel hat immer noch ein teures Pensionssystem für ihre Bediensteten. Gebührenerhöhungen reichen da nicht. Also spekuliert auch die Stadt Wien (dass die Aufnahme von Milliardenkrediten in Schweizer Franken, wo die Höhe der Rückzahlung von der Kursentwicklung abhängt, keine Spekulation sei, ist spezielle Wiener SP-Logik).

Alle Politiker, gerade auch sozialdemokratische, wollen sich verwirklichen, und das geht mit Geldausgeben. Für Soziales, für Großprojekte, für Wählerbetreuung. Das meiste davon ist sogar gut argumentierbar - aber die Ausgaben haben eine eigene Dynamik gewonnen, und Einsparen ist politisch unmöglich.

Daher versuchten auch viele sozialdemokratisch regierte Körperschaften das Geld durch Spekulationen hereinzukriegen, die sie nicht verstanden. Das entsprach auch dem Zeitgeist. Es legten ja auch viele Private ihr Geld in Konstruktionen an, mit denen sie fast zwangsläufig auf die Nase fallen mussten. Man glaubte wider alle Evidenz an Wunder. An überdurchschnittliche, leichte Gewinne - und sozialdemokratische Funktionäre waren da keine Ausnahme. (Hans Rauscher, DER STANDARD, 24.7.2013)