Heunburg/Völkermarkt - Zwei Uhr früh. Ein Paar torkelt betrunken nach Hause. George, erfolgloser Universitätsprofessor, schenkt seiner älteren Frau Martha, Tochter des Rektors, einen Schlummertrunk ein. Da eröffnet sie ihm, noch Gäste eingeladen zu haben. George wütet kurz, schon richtet er widerwillig zwei weitere Drinks für den aufstrebenden Biologieprofessor Nick und seine reiche, aber einfältige Frau. Die beiden sind plötzlich aus der unauffälligen Rückwand aufgetaucht - Elias Molitschnigs Bühnenbild sorgt damit auf der Heunburg für den ersten interessanten Moment in dem langweilig geratenen Einstieg zu Edward Albees Wer hat Angst vor Virginia Woolf?.
Die Rückwand überrascht in Folge mit diversen leeren Räumen und Gängen. Eine abstrakte Installation im historischen Burggemäuer deutet George als "bildliche Darstellung von Marthas Geistesverfassung", womit eine Serie an Gehässigkeiten eingeläutet wäre, mit denen sich das Paar vor den Gästen routiniert malträtiert. Anstatt zu gehen, lassen sich die Jungen in diese Psychospiele hineinziehen. Warum eigentlich?
Dem technisch guten Ensemble fehlt es an Glaubwürdigkeit. Andreas Ickelsheimer als übertrieben lässiger Nick und Ulrike Bieler, seine sogar als Dumpfbacke titulierte Frau, sind allzu simpel gezeichnet und bleiben bis hin zum demütigenden "Bums die Hausfrau"-Spiel farblos. Matthias Friedrich spricht als George unnötig langsam wie in einem Hörspiel aus den 60er-Jahren, als das Stück entstand. Einzig Christa Pillmann gelingt eine facettenreiche Interpretation der Martha.
Im Kern des Ehekrieges steht der seit 21 Jahren imaginierte Sohn des unfruchtbaren Paares, der zur Waffe für gegenseitige Untergriffe verkommen ist. George beendet schlussendlich dieses Spiel. Erleichterung auch im Schlussapplaus - kann das Theater doch erst verlassen werden, wenn die Falltür im Bühnenboden wieder geöffnet wird.
Regisseur Ronald Pries hat das zeitgeistige Potenzial des Stücks mit seiner Kritik an der Institution Ehe, Erniedrigungen im Berufs- und Gesellschaftsleben sowie den unethischen Möglichkeiten der Gentechnik nur zum Teil gewürdigt. Abgesehen von kurzen Augenblicken, in denen das Ehepaar seine wahren Gefühle füreinander offenbart, ist die Inszenierung zermürbend wie die Psychospiele, die das Stück prägen. (Martin Mittersteiner, DER STANDARD, 22.7.2013)