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Hat in Kärnten gut verdient: Ingrid Flick, flankiert von Jörg Haider und Ex-Banker Wolfgang Kulterer.

Foto: APA/Eggenberger
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Wien - Wann sich der Klagenfurter Strafrichter Christian Liebhauser-Karl der Causa Vorzugsaktien II in einer Hauptverhandlung widmen wird, ist noch offen; er hat viel zu tun mit diversen anderen Hypo-Verfahren. Seit voriger Woche liegt die von Staatsanwalt Robert Riffel geschriebene Anklage jedenfalls bei ihm - und die 193 Seiten haben es in sich.

Penibel schildert der von Gutachter Karl Hengstberger unterstützte Ankläger darin die Eigenkapitalbeschaffungsaktion der Hypo 2006. Vorzugsaktionäre wie Ingrid Flick, Flick-Privatstiftung, Kika-plus-Eigner Herbert und Friederike Koch oder Unaxis sicherten sich mit Put-Optionen ab, hatten also Rücknahmegarantien. Das aber bedeutet, dass es sich bei den 100 Millionen Euro nicht um Eigenkapital, sondern nur um Liquidität handelte - und die wurde laut Anklage zu teuer (Vorzugsdividenden bis zu 6,25 Prozent) gekauft.

Flick-Stiftung droht Geldbuße

Angeklagt sind die Ex-Banker Josef Kircher, Wolfgang Kulterer (damals Hypo-Aufsichtsratschef und im Vorstand der Flick-Privatstiftung), Siegfried Grigg und Tilo Berlin - aber auch die Flick-Privatstiftung. Sie soll sich "durch die Straftaten von Kulterer um mindestens 1,027 Millionen Euro bereichert" haben. Die Stiftung hat die Erträge aus dem Deal inzwischen bei einem Notar hinterlegt; der Staatsanwalt fordert gemäß Verbandsverantwortlichkeitsgesetz eine Geldstrafe. Es geht um den Vorwurf der (Beihilfe zur) Untreue und Bilanzfälschung. Die Angeklagten weisen die Vorwürfe zurück.

Der Bank entstand laut Anklage ein Schaden von rund neun Millionen Euro. Dazu kommen noch eine 2008 ausbezahlte Sonderdividende (2,5 Millionen Euro) für die Vorzugsaktionäre, ein Honorar (300.000 Euro) für den Vermittler, der Ronny Peciks Unaxis und die Köck-Privatstiftung an Land gezogen hatte, sowie Beratungskosten von 90.000 Euro, die die Hypo zugunsten selbiger übernommen hatte.

Allein an diesem Detail lassen sich die unorthodoxen Methoden und der Zeitdruck, der damals herrschte, nachzeichnen. Schon im Juni 2006 war der Vermittler laut Anklage an Stifter Christian Köck herangetreten, um für die Hypo-Vorzugaktien (sechs Prozent Fix-Dividende) zu werben. Eine Put-Option war damals nicht vorgesehen, also "hielten die Stifter dieses Investment für unattraktiv und nahmen davon Abstand".

Spätestens im Oktober haben die Hypo-Banker realisiert, dass keiner der potenziellen Aktionäre darauf reflektierte, einen Deal zu machen, aus dem er ohne Zustimmung der Hypo nicht mehr aussteigen konnte. Also griff man zu "Nebenabreden". Am Beispiel Köck-Stiftung: Am 24. Oktober sprach der Vermittler noch einmal vor, diesmal bewarb er die Vorzugsaktien "als außerordentlich sicher": dank Put-Option. Im Gegenzug musste das Geld aber binnen sechs Tagen eingezahlt sein. Da der Köck'sche Stiftungsanwalt gerade auf Urlaub weilte, prüfte ein externer Anwalt den Deal. Die Kosten dafür, so hatte es sich der Stifter vorweg ausbedungen, übernahm: die Hypo.

Zwar hatten die Wirtschaftsprüfer davor gewarnt, Rücknahmegarantien auszustellen und das Ganze dann als Eigenkapital zu verbuchen - geschehen ist es laut Justiz trotzdem. Und zwar unter höchster Geheimhaltungsstufe. Das zeitigte mitunter seltsame Folgen, etwa bei Vorzugsaktionär Moser Beteiligungen GmbH. Sie finanzierte ihr 19-Millionen-Paket per Kredit der Bank Burgenland - die das nur unter der Bedingung tat, dass der Deal mittels Put-Option abgesichert wird. Das kam so auch, der Kreditnehmer erfuhr davon aber nichts. Banker Kircher habe nämlich "Stillschweigen darüber auch gegenüber dem Kunden Walter Moser" gefordert, weil "kein anderer (möglicher) Vorzugsaktionär Kenntnis darüber erlangen solle, dass die Hypo in einem 'Einzelfall' eine Sicherungsvereinbarung (...) gewährt".

Genauso diskret lief es bei Millionärin Flick (sie zeichnete zehn Mio. Euro und hatte ein Rücknahmegarantie der Hypo). In dem Fall habe Kulterer Flicks Berater telefonisch zu Stillschweigen aufgefordert, "damit kein anderer Vorzugsaktionär erfährt, dass es eine 'Sonderbehandlung' für Frau Flick in Form der Put-Option gibt". Auch die Flick-Stiftung (zeichnete 25 Millionen Nominale) bekam dann Rücknahmegarantien.

Tilo Berlin intervenierte

Ingrid Flick selbst griff dann ein zweites Mal zu. 2008 wollte sich die Köck-Stiftung von einem Teil ihrer Vorzugsaktien trennen, ein Umstand, von dem Kulterer erfuhr und im Stiftungsvorstand berichtete. "Mit Blick auf die bisherigen Erträge aus den Vorzugsaktien-Investments" beschloss die Stiftung einen weiteren Kauf. Aber: Diesmal war keine Ausstiegsmöglichkeit für Flick vorgesehen; was deren Berater nicht goutierten. Das wenig überraschende Ende der Diskussionen, wie es sich in der Anklage liest: Tilo Berlin, der die Hypo inzwischen führte, habe den Flick-Stiftungschef angerufen und die Put-Option zugesagt.

Als Banker Kircher aus dem Hypovorstand ausschied, gingen seine Kollegen daran, die Vorzugsaktien zu "bereinigen". Dazu musste Ende 2008 erst einmal bei Hypo-Notar Reinhard Kern "erhoben werden, ob und welche Nebenabreden bestanden", in der Bank waren die nicht zu finden. 2009 hat die Hypo die Aktien dann zurückgekauft. Kern bereinigte die Sache laut Anklage auf seine Art: Nach Eintragung der Kapitalherabsetzung "hat er die Nebenvereinbarungen vernichtet". (Renate Graber, DER STANDARD, 22.7.2013)