Jubel um Heinrich George: Unter den Nationalsozialisten war der Schauspieler ein begehrter Star.

Foto: SWR/Thomas Kost

Wien - Es hat schon etwas Irritierendes, wenn Götz George in der Rolle seines Vaters Heinrich dessen Sohn Götz - also gewissermaßen sich selbst - in den Arm nimmt und ergriffen ruft: "Mein großer, kleiner Putzi!"

Die Szene zeigt Heinrich George, wie er am Lagertor in Sachsenhausen in russischer Gefangenschaft seine Frau und die beiden Söhne "Putzi" Götz und Jan wiedersieht. Kurze Zeit später wird der legendäre Theatermann sterben. Sein letztes Wort soll "Götz" gewesen sein.

Den Tod des Vaters zu spielen war dem Sohn nicht gleichgültig. Nur ein einziges Mal könne er die Sterbeszene spielen, zitiert TV Spielfilm den Schauspieler. Er habe sich lange gewehrt, seinen Vater darzustellen, sagte George. Erst der Profi Joachim A. Lang habe ihn überzeugt, und so entstand pünktlich zu Georges 75. Geburtstag das Dokudrama George (Montag, 20.15 Uhr, Arte, Mittwoch, 21.45 Uhr, ARD).

Theatermann und Nazi-Mitläufer

Ausgehend von Verhören durch Oberleutnant Bibler (Samuel Finzi), rollt Lang die Geschichte Heinrich Georges als genialer Theatermann und Nazi-Mitläufer auf. Wie Goebbels (Martin Wuttke) ihn 1938 zum Intendanten des Berliner Schillertheaters macht. Wie George sich dafür bei Hitler bedankt. Wie er zusagt bei allem, was ihm angeboten wird: Hitlerjunge Quex, Jud Süß, Kolberg. Er will spielen, nur spielen. Das macht aus ihm den heldenhaft verehrten Nazikünstler: Nach Hitlers Einmarsch in Österreich küssen die Menschen den Wagen, in dem George sitzt.

Natürlich ist es keine bloße Reinwaschung. Die Stationen in Heinrich Georges Leben werden in 110 Minuten offen und detailliert ausgebreitet. Aber der Zuschauer soll letztlich schon daran glauben, George sei nicht Nazi aus Überzeugung gewesen, sondern habe alles für die Kunst geopfert: "Wenn sie mir verbieten, zu spielen, sterbe ich."

"Eine übermächtige, persönlich verworbene Figur" nennt George den Vater, und als ob er in Konkurrenz mit ihm treten möchte, räumt sich der Sohn in George noch mehr Platz ein: Spielszenen wechseln mit Sequenzen, in denen Götz George mit seinem Bruder Jan Plätze der Kindheit aufsucht. "Ich wollte mich eigentlich immer selbst darstellen", sagt Heinrich. Das trifft wohl auf beide zu. (Doris Priesching, DER STANDARD, 20./21.7.2013)