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Jukic ist sich sicher, dass er in Rio 2016 für Österreich schwimmt. Starts für eine andere Nation schließt er aus. "Rio ist eine schöne Stadt", sagt Rogan und nennt den Sport "eine Droge".

Foto: APA/Techt

Markus Rogan hat eine Fahne getragen. Aber nicht am Freitag zur Eröffnung der Schwimm-WM in Barcelona, sondern am Donnerstag zur Eröffnung der 19. Makkabiade in Israel. Das war dem 31-Jährigen, der heuer seiner US-amerikanischen Verlobten zuliebe zum Judentum übertrat, ein Herzensanliegen. Indes beschränkt sich Rogans Mitwirkung aufs Fahnentragen, die Schwimmbewerbe der Makkabiade, die noch bis 30. Juli dauern wird, gibt er sich nicht. "Ich habe zu viel Zeit auf der Uni verbracht." Es fehlt also einiges auf eine Form, die es ihm erlauben würde, einen, wie er es nennt, "würdigen" Wettkampf abzuliefern.

Der Wiener, der in Los Angeles lebt und "International Relations and Economics" an der Stanford-Universität bereits studiert hat, studiert nun Psychologie. In eineinhalb Jahren will er "den Master haben", damit wäre er Psychotherapeut, er will aber weitermachen und seinen Doktortitel erwerben, um Psychologe zu werden. Das ist der Plan.

Der Sport, die Droge

"Rio", sagt Markus Rogan, "ist eine wunderschöne Stadt." In Rio de Janeiro finden 2016 Olympische Sommerspiele statt. Rogan, 2004 zweimal Olympiazweiter, hat nie gesagt, Rio 2016 wäre kein Thema für ihn. Womit Rio 2016 für ihn ein Thema sein könnte. Was er sehr wohl sagt: "Der Sport ist schon eine Droge. Du hast ein qualvolles Leben für ganz wenige Momente, die wirklich schön sind." Vor exakt einem Jahr, also knapp vor den Olympischen Spielen in London, habe er "nur vier Stunden am Tag richtig gelebt, nämlich im Training". Und die restlichen zwanzig Stunden habe er sich "fürchterlich gefühlt". Wobei sich in London letztlich auch kein wirklich schöner Moment, sondern eine Disqualifikation eingestellt hatte, die Rogan um eine Finalteilnahme brachte. "Es tut schon noch weh" , sagt er. "Das hat Narben hinterlassen."

1998 und in Perth fand zum letzten Mal eine Schwimm-WM ohne Rogan statt, zum letzten Mal bis Barcelona 2013. "Ich vermisse es schon", sagt er, "ein wunderschönes Stück Fleisch inmitten von 20.000 Leuten zu sein." Was er nicht vermisst, ist das Gefühl, nach einem trainingsintensiven Tag nicht einmal mehr in der Lage zu sein, ein Buch aufzuschlagen. "Jetzt kann ich endlich wieder ordentlich lesen." Freilich ist es nicht so, dass er gar nicht mehr schwimmt, er schwimmt sogar regelmäßig. Manchmal im Meer, wo manchmal Delfine neben ihm auftauchen, manchmal im Pool, dann garantiert ohne Delfine. Es geht nicht zuletzt darum, "dass die Hosen weiterhin passen".

Und abgesehen davon, wie gesagt, ist Rio eine schöne Stadt

Dinko Jukic hat wieder Hoffnung. Das liegt vor allem daran, dass er sich mit Peter Schröcksnadel unterhalten hat, dem Chefkoordinator des Bundesförderprojekts für die Olympischen Spiele in Rio 2016. "Es war ein ziemlich vernünftiges und produktives Gespräch", sagt Jukic. "Ich glaube jetzt wieder, dass es Funktionäre gibt, die für den Sport leben, und nicht nur solche, die vom Sport leben."

Der 24-Jährige startet seit 2004 international für Österreich, aus einer Reihe von Medaillen ragen zwei EM-Goldene und eine WM-Bronzene heraus. In London 2012 war Jukic als Vierter über 200 Meter Delfin so knapp wie ansonsten nur die Segler Delle-Karth/Resch an einer ÖOC-Medaille dran. Mit dem Verband ist Jukic überkreuz, der Präsidentenwechsel von Paul Schauer zu Christian Meidlinger hat die Wickel eher noch verstärkt. Mehrere Gerichtsverfahren sind anhängig, deshalb lässt Jukic die aktuelle WM in Barcelona aus. Stattdessen urlaubt er und hofft, "dass es dann wieder aufwärtsgeht mit dem Schwimmsport". In Barcelona, tippt Jukic, sei von den heimischen Schwimmern nicht viel zu erwarten. "Ein Semifinale", sagt er, "wär schon eine positive Überraschung."

An Rio 2016, das ist der Plan, wird Jukic teilnehmen. Und zwar für Österreich. "Ich werde zu hundert Prozent nicht für ein anderes Land starten. Ich werde ganz sicher nicht meine Nation wechseln." Für den Schwimmverband (OSV) in dessen derzeitiger Form will Jukic allerdings nicht mehr schwimmen. Für Rio sieht er also zwei Möglichkeiten. "Entweder der Verband ist bis dahin ein anderer, oder ich schwimme einfach für das ÖOC."

Das Urteil, die Berufung

Die nötigen Olympialimits könne er bei internationalen Meetings erbringen. "Dort starte ich einfach für irgendeinen Verein." Das könne sein Stammverein SC Austria sein, sollte dessen Ausschluss aus dem Verband aufgehoben werden. "Das kann aber auch ein tschechischer, französischer, spanischer Verein sein." Dem Präsidenten des Schwimmverbands, Christian Meidlinger, wirft Jukic vor allem vor, sein Wort, er werde jedes erstinstanzliche Gerichtsurteil akzeptieren, gebrochen zu haben. In erster Instanz war die Jukic-Sperre, die der OSV nach einer Ausfälligkeit des Schwimmers gegenüber Funktionären verhängt hatte, für null und nichtig erklärt worden - wogegen der OSV, entgegen Meidlingers Ankündigung, dann doch Berufung einlegte.

Jukic hofft, dass das erstinstanzliche Urteil im Herbst bestätigt wird. "Dann wäre dieser Fall geklärt, und wir wären einen Schritt weiter." Bis Rio 2016 sind es freilich noch etliche Schritte. (Fritz Neumann, DER STANDARD, 20./21. Juli, 2013)