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Die Nacht vor Allerheiligen ist seit einigen Jahren für Kinder und Jugendliche Grund, ihrem Bewegungsdrang zu frönen.

Foto: dpa-Zentralbild/Michael Reichel

Wien - Ketchup, Eier, Klopapier und zwei Lackdosen können vor Gericht führen. Diese Erfahrung müssen Timon H., Moritz M., Jovica T. und Haris M. am Donnerstag machen, als sie in Wien vor Richter Norbert Gerstberger sitzen. Angeklagt wegen schwerer Sachbeschädigung, was für Jugendliche bis zu einem Jahr Haft bedeuten kann. Zwischen 14 und 16 Jahre ist das Quartett alt, unbescholtene Schüler und Lehrlinge, die definitiv nicht den Eindruck von besonderer Gefährlichkeit für die Sicherheit der Gesellschaft vermitteln.

"Sie werden ja wissen, warum Sie heute hier sind, wegen eines schiefgegangenen Halloween-Scherzes", sagt Gerstberger. Ein Scherz, der halt in der niederösterreichischen Gemeinde Mauerbach einen Schaden von fast 6700 Euro verursacht hat, wie ihnen die Staatsanwältin vorwirft.

"Eigentlich wollten wir nur mit Eiern werfen"

Am 31. Oktober zog man durch den Ort, hatte sich schon vorher überlegt, was man anstellen könnte. "Na ja, eigentlich wollten wir nur mit Eiern werfen, mit Ketchup herumspritzen und Klopapierrollen werfen", gibt der Erstangeklagte zerknirscht zu. "Sie wollten also was unternehmen. Wie konnte das dann so außer Rand und Band geraten?", will der Richter wissen. "Waren Sie betrunken?" Nein, lautet unisono die Antwort.

Eskaliert sei die Situation eigentlich erst auf dem Rückweg. Mit dem Lack, mit dem man ursprünglich nur die Straße besprühen wollte, verunstaltete man Gebäude, das Ketchup wurde auch in einen Autotank geleert, Außenspiegel abgetreten und ein Moped beschädigt.

Verteidiger mit prallgefüllten Geldtaschen

Reumütiger als die Teenager kann man kaum gestehen, mehr Bereitschaft zur Schadenswiedergutmachung auch nicht zeigen. Die Verteidiger kommen mit prallgefüllten Geldtaschen, die Opfer verlassen mit Bargeld den Raum. Wobei das Verfahren eine Überraschung bietet: Der Fünfte aus der Gruppe ist auf der Zuschauerbank und bereit, mitzuzahlen - obwohl er aus unerfindlichen Gründen gar nicht angeklagt worden ist.

Die Opfer reagieren höchst unterschiedlich. Während manche exakte Rechnungen vorlegen, will ein älterer Herr gar nichts, andere nur symbolische Beträge. "Ich kann das nachvollziehen, wir waren alle einmal jung", sagt beispielsweise einer. "Ich verlange nicht mehr, mir ist es nur wichtig, dass die Herren wissen, was sie getan haben."

Gerstberger hadert vor seiner Entscheidung ein wenig mit Österreichs Gesetzen. Denn bei der von ihm beabsichtigten Diversion können derzeit die vier vorgesehenen Maßnahmen - außergerichtlicher Tatausgleich mit dem Opfer, Geldbuße, gemeinnützige Leistungen oder eine Probezeit samt Bewährungshilfe - nicht miteinander kombiniert werden. Er entscheidet sich, nicht rechtskräftig, für die vierte Variante. (Michael Möseneder, DER STANDARD, 19.7.2013)