Tierschützer mit prominenter Unterstützung: Ex-Beschuldigter Martin Balluch, Johannes Glück und Dieter Hörmann von den "Zwa Volltrottln" und Kabarettist Roland Düringer (von links).

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Düringer und die anderen Promis unterschrieben eine Selbstanzeige.

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Wien - Wäre der Tierschützerprozess ein Blockbuster, Roland Düringer wäre wohl der prominente Gastauftritt. Am Donnerstag trat der Kabarettist gemeinsam mit dem ehemals Hauptangeklagten und Obmann des Vereins gegen Tierfabriken (VGT), Martin Balluch, im Café Landtmann in Wien vor die Presse.

Düringer, das Comedy-Duo "Zwa Volltrottln" sowie die Autorin Katharina Rueprecht unterzeichneten eine Kampagnenankündigung gegen den Tierpelzverkauf der Firma Eybl. Zudem erstatteten sie Selbstanzeige bei der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt wegen Nötigung. Damit protestieren sie, wie 1500 Selbstanzeiger vor ihnen, gegen einen Spruch des Oberlandesgerichts Wien im Tierschützerprozess.

Umsatzverluste angedroht

Das Oberlandesgericht hat die Freisprüche von fünf der ehemals 13 Angeklagten diesen Juni aufgehoben und die Fälle zurück an die erste Instanz geschickt - um wegen vier Vorwürfen neu zu verhandeln. Neben Widerstands gegen die Staatsgewalt, Sachbeschädigung und Tierquälerei wird es in dem neuen Prozess, dessen Starttermin noch unklar ist, auch um Nötigung laut Paragraf 105 StGB gehen.

Dieser sollen sich vier der fünf neuerlich Angeklagten schuldig gemacht haben. Sie sollen den Firmen Fürnkranz und Kleider Bauer in Mails und bei einer Aktionärsversammlung Demonstrationen und darüber hinaus gehende Kampagnen mit Umsatzverlusten als Folge angedroht haben, so die Unternehmen nicht aus dem Pelzwarenhandel aussteigen würden.

"Sechs höflich gehaltene Mails"

Es sei "demokratiegefährdend, eine legale, friedliche Informationskampagne als Nötigung darzustellen", sagte VGT-Obmann Balluch am Donnerstag. Die Tierschützer hätten besagte Firmen lediglich in "sechs höflichen gehaltenen Mails" auf ihre Forderungen hingewiesen.

Genau diese Forderungen jedoch haben beim Oberlandesgericht den Verdacht der Nötigung bestärkt: "Fehlt ein Rechtsanspruch auf die Leistung, zu deren Realisierung der Täter die (Anm.: Druck-)Mittel einsetzt, liegt Nötigung vor, unabhängig davon, ob der Einsatz des Mittels selbst ein erlaubter ist oder nicht", ist im Urteil zu lesen. Grund dafür: Der Verkauf von Produkten mit Fellen von Nutztieren sei in Österreich legal. Also fehle die rechtmäßige Grundlage, um durch Handlungen, die als Drohung gelten können, seine Einstellung zu fordern.

Angst vor Problem bei Streiks

Laut dem Innsbrucker Strafrechtsexperten Klaus Schwaighofer könnte diese Gesetzesauslegung auf Einschränkungen für politisches Engagement hinauslaufen. "Dann wäre jede Streikdrohung für höhere Löhne eine strafbare Nötigung oder gar Erpressung, weil kein Rechtsanspruch auf höhere Löhne besteht (außer diese liegen unter dem Kollektivertrag)", schreibt er.

Grünen-Justizsprecher Albert Steinhauser teilt diese Vorbehalte. Er fordert eine Novelle des Nötigungsparagrafen: Die Frage des Rechtsanspruches auf eine Forderung solle darin künftig keine Rolle mehr spielen. Auch Amnesty-Generalsekretär Heinz Patzelt würde diese Gesetzesänderung als "Modernisierung" begrüßen. Doch er findet an den Oberlandesgerichts-Argumenten "nichts Tendenziöses". Wer Forderungen wie den Komplettausstieg aus dem Pelzhandel aufstelle, die die aktuelle Rechtslage überschreiten, müsse sich klar sein, dass er gegen Gesetze verstoße.

Keine Befürchtungen, dass eine engere Auslegung des Nötigungsbegriffs Streikpläne ins Zwielicht rücken könnte, hat man indes beim Österreichischen Gewerkschaftsbund: "Das Streikrecht ist menschenrechtlich garantiert", sagt dort Rechtsexperte Michael Rovina. (Irene Brickner/Michel Mehle, DER STANDARD, 19.7.2013)