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Bernie Ecclestone muss vor Gericht.

Foto: Reuters

München - Den großen Saal des Münchner Landgerichts kennt Bernie Ecclestone schon gut. Vor gut eineinhalb Jahren wurde der mächtige Formel-1-Boss dort an zwei Tagen von Richtern und Staatsanwälten befragt - allerdings nur als Zeuge im Prozess gegen den früheren Vorstand der Bayerischen Landesbank, Gerhard Gribkowsky.

Beim nächsten Besuch in München kommt der 82-Jährige vielleicht nicht mehr so glimpflich davon: Nach den seit 2011 laufenden Ermittlungen erhob die Staatsanwaltschaft nun Anklage wegen des Verdachts der Bestechung und der Beihilfe zur Untreue. Im Fall einer Verurteilung droht Ecclestone eine mehrjährige Haftstrafe. Das deutsche Strafgesetz sieht für Bestechung eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren vor. Für den besonders schweren Fall der Bestechung sind laut Gesetz ein bis zehn Jahre Haft möglich. Der Prozess könnte frühestens im Herbst dieses Jahres beginnen.

Gribkowsky zu achteinhalb Jahren Haft verurteilt

Ecclestone habe die Anklage in übersetzter Form bereits erhalten, sagte Gerichtssprecherin Margarete Nötzel am Mittwoch. Der Brite muss nun das unrühmliche Ende seines Lebenswerks und eine Verurteilung durch die deutsche Justiz fürchten.

Gribkwowky wurde zu achteinhalb Jahren Gefängnis verurteilt, weil er 44 Millionen Dollar von Ecclestone angenommen und nicht versteuert hatte. Gribkowsky hatte sein illegales Vermögen in der österreichischen Stiftung "Sonnenschein" in Salzburg versteckt. Die Münchner Staatsanwaltschaft hatte die Gelder dort mithilfe österreichischer Behörden Anfang 2011 eingefroren. Im Herbst 2012 bekamen die Bayerische Landesbank und der Freistaat Bayern Kontrollzugriff auf die Millionen.

Urteil belastete Ecclestone

Öffentlich wurde der Skandal, als die Münchner Justiz neu zu ermitteln begann, weil Gribkowsky bei früheren Vernehmungen seine Privatstiftung in Österreich und das dort geparkte Millionenvermögen verschwiegen hatte. Im Jänner 2011 war erstmals bekannt geworden, dass die Staatsanwaltschaft untersuchte, ob das Geld aus schmutzigen Geschäften stammt, die mit der Formel 1 zu tun hatten.

Treibende Kraft für das Verbrechen war nach Ansicht der Richter aber Ecclestone selbst: Er habe Gribkowsky mit seinem Charme und seiner Raffinesse "ins Verbrechen" geführt, sagte der Vorsitzende Richter Peter Noll in der Urteilsbegründung.

Gribkowsky sollte Bankanteile zu Geld machen

Seither ist klar, dass es für Ecclestone eng wird. Entscheidend in einem möglichen Prozess wird nach Einschätzung von Experten die Frage sein, ob Ecclestone wusste, dass Gribkowsky bei einer staatlichen Bank angestellt war - und somit ein Amtsträger, der kein Geld annehmen darf.

Kennengelernt hatten sich Ecclestone und Gribkowsky beim Verkauf der Formel-1-Mehrheit im Jahr 2006. Der Banker Gribkowsky hatte als Risikovorstand der BayernLB den Auftrag, die Anteile der Bank an der Formel 1 zu Geld zu machen. Dabei arbeitete er eng mit Ecclestone zusammen, der die Bank am Steuer der Formel 1 lieber heute als morgen loswerden wollte.

Ecclestones Wunschkandidat erhielt Formel-1-Anteile

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass Ecclestone die Millionen gezahlt hat, damit Gribkowsky die Rennserie an seinen Wunschkandidaten verkauft. Also winkte er dem Banker aus Bayern mit einem Job als Berater in der Glamourwelt der Formel 1 samt Millionenhonorar. Dafür sollte er den BayernLB-Anteil an den britischen Investor CVC geben - was auch gelang. Die BayernLB geht davon aus, dass sie ohne den Pakt der beiden Männer wesentlich mehr für ihre Formel-1-Anteile erhalten hätte - und fordert mehr als 400 Millionen Dollar Schadenersatz von Ecclestone.

Ecclestone selbst wies den Verdacht der Bestechung stets weit von sich und beschuldigte Gribkowsky, ihn unter Druck gesetzt zu haben. "Herr Gribkowsky war sehr gut darin, mich subtil zu bedrohen und in Angst zu versetzen", sagte er den Richtern bei seiner Zeugenaussage. Er sei in seinem Leben zwar schon mehrfach bedroht worden, "aber so noch nie". Ihm sei es deshalb nur darum gegangen, Gribkowsky "friedlich, freundlich und ruhig" zu halten, "damit er nicht auf dumme Gedanken kommt".

Ecclestone hat nach eigener Aussage befürchtet, der Banker hätte den britischen Steuerbehörden Gerüchte über die Bambino-Familienstiftung seiner Frau mitteilen können, die ihn teuer zu stehen hätten kommen können - von möglichen Steuernachzahlungen in Höhe von zwei Milliarden Pfund war die Rede. Das ist selbst für den Milliardär Ecclestone eine Menge Geld.

Ende als Formel-1-Chef?

Sollte es zu einem Verfahren und auch zu einer Verurteilung kommen, weiß Ecclestone, was ihn als "Zampano" der Formel 1 erwartet. Die Besitzergesellschaft CVC "wird wahrscheinlich gezwungen sein, mich loszuwerden, wenn die Deutschen mich holen. Es ist ziemlich klar, wenn ich eingesperrt würde", hatte er Ende vergangenen Jahres dem "Sunday Telegraph" gesagt. CVC soll bereits einen Headhunter für die Nachfolge engagiert haben.

Hinter vorgehaltener Hand heißt es im Fahrerlager aber schon länger, dass Ecclestone im Falle einer Anklage auf dem wichtigsten Posten in der Formel 1 nicht mehr tragbar wäre. Weltweit operierende Unternehmen wie etwa Mercedes wären zu Konsequenzen durch ihre Compliance-Richtlinien gezwungen.

Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo hatte Ecclestone schon einmal einen Rücktritt nahegelegt, sollte es zur Anklage kommen. Weil er die Formel 1 liebe, werde Ecclestone der Erste sein, der einen Schritt zurücktrete, "im Interesse der Formel 1". Der ganze Vorgang könne "die Formel 1 beschädigen", hatte der Italiener gesagt.

Ecclestone hat die Formel 1 wie kein anderer geprägt, geformt und vor allem finanziell gesteuert. Der Aufstieg zum mächtigsten Mann der Königsklasse des Motorsports begann Ende der 1970er Jahre, als der einstige Gebrauchtwagen-Händler die TV- und Vermarktungsrechte erstand. Er machte aus der Formel 1 ein weltumspannendes milliardenschweres Ereignis.

Ob Abu Dhabi, China, Malaysia, Indien oder im kommenden Jahr Russland: Ecclestone erobert mit der Formel 1 den Markt. Von den Veranstaltern kassiert er Antrittsgelder in Millionenhöhe. Ein geplanter Börsengang wurde im vergangenen Jahr allerdings verschoben. (APA, 17.7.2013)