Phase der Läuterung: Bushido im Coming-of-Age-Film "Zeiten ändern dich".

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Das Duo Stermann und Grissemann rief vor einigen Jahren in "Willkommen Österreich" heimische Rapper dazu auf, Videoclips zum Thema "Die härteste Stadt Österreichs" zu produzieren. In unfreiwillig lustigen Beiträgen berichteten daraufhin zwar der Mutterbrust, aber nicht der elterlichen Brieftasche entwöhnte Buben über das harte Leben in den Ghettos von Salzburg, Villach oder Linz. Messerstechereien, Gangkriege, Bongs, Spliffs, Crack und Koks.

Leider Gottes wird aus Kleinmünchen in Linz trotz aller lyrischen Bemühungen nie und nimmer Compton in Los Angeles werden. Ehe man sich darüber lustig macht: Früher zählte es zum guten Ton in vorwiegend männlichen Verdrussmusiken wie Metal, Punk und eben Hip-Hop, dass man der Welt den Mittelfinger zeigte und zur Harmonie neigenden sogenannten Erwachsenen gehörig auf den Zeiger ging. Frustration, Aggression, Provokation. Grenzen ausloten. Die größte Falle, die Stinkefingermusik bereithält, ist, dass man sich moralisch und öffentlich über sie entrüstet.

Metal und seine selbst von Fans nie bierernst genommenen Gewaltfantasien und Teufelsanbetereien sind durchdekliniert. Die letzte Bastion einer pädagogisch wertlosen Testosteron-Kunstmusik zum Spießer- und Gutmenschenärgern ist Gangsta-Rap alter Schule. Grotesk übersteigert zu einer Realsatire außerhalb menschlicher Grundübereinkünfte, zieht hier jemand wie Bushido eine Bilderbuchkarriere durch.

Nach geschmacklosen Anfängen, einer weinerlichen Läuterungsphase mit dem autobiografischen Coming-of-Age-Film "Zeiten ändern dich" und der Rückkehr zum Asozialengetue inklusive nachgewiesener Zugehörigkeit zu einer mafiösen Vereinigung in Berlin, erhöht Bushido in Sachen Menschenverachtung noch einmal die Schlagzahl. Seine Musik muss verkauft werden. Junge Burschen aus der Mittelschicht lieben krasse Inhalte und entsetzte Eltern. Bushido hasst also Frauen, Lesben, Schwule, Politiker und möchte die Welt brennen sehen - außer seine eigene Frau, sein Kind und seine Mutti, die beste Mutti der Welt. Mama Bushido sollte ihm bitte Hausarrest geben.

Bushido nervt bei der Ausübung seiner Kernkompetenz gewaltig: Blöderweise finden sich genügend Idioten, die glauben, was andere Unterbelichtete so von sich geben. (Christian Schachinger, DER STANDARD, 17.7.2013)