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Darko Milanic denkt über Sturm Graz und den Fußball nach. Der Slowene fordert Respekt und Ordnung ein.  Ziele hat er nicht definiert. "Weil immer alles möglich ist. Man muss an sich glauben."

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Darko Milanic (ganz links) hält im Jahre 1998 den Meisterteller in der Hand. 1999 gab
es eine Wiederholung. 14 Jahre später ist Sturm nur Außenseiter.

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Wien/Graz - Der 45-jährige Darko Milanic ist nie ganz weg gewesen. Immer wieder hat er Graz besucht. Als Privatmann, um spazieren zu gehen, die Seele baumeln zu lassen, um Freunde zu treffen. Diese Lebensqualität hat er von Anfang an geschätzt. Es war 1993, als er von Sturm verpflichtet wurde. Der Slowene war ein konsequenter Innenverteidiger mit Perspektiven. Die Eingewöhnungsphase war jedenfalls kurz, nachträglich betrachtet hat sie nur ein paar Minuten gedauert. Wobei die Erinnerung Dinge verklärt und die Zeit verkürzt. "Es leben hier warmherzige Menschen. Sie sind aber nie aufdringlich, man findet deshalb trotzdem Ruhe."

Ivica Osim war damals der Trainer, für Milanic ist er nach wie vor "mein Chef. Er ist kein Vorbild, er ist eine absolute Respektsperson, ein idealer Chef." Vor rund einem Jahr hat er Osim in Maribor getroffen. "Wir haben stundenlang Gedanken ausgetauscht und diskutiert. Über Fußball. Es war wunderbar." Milanic bestritt fast 200 Partien für Sturm, er wurde Meister 1998 und 1999, spielte in der Gruppenphase der Champions League. "Das war ein richtiger Boom damals, eine fantastische Zeit." Hannes Kartnig war der Präsident, er neigte zum Größenwahn. Dass Kartnig mittlerweile unter anderem wegen schweren Betrugs und Steuerhinterziehung nicht rechtskräftig zu fünf Jahren Haft verurteilt wurde, "ist eine traurige Geschichte. Treffe ich ihn zufällig, würde ich ihm die Hand schütteln."

Milanic war in der Saison 2006/07 Assistent von Trainer Franco Foda, danach wurde er daheim in Slowenien selbst Chef. Erst ND Goridza, ab 2008 NK Maribor. Dieser Klub war und ist nahezu unverschämt überlegen, Meistertitel wurden in Serie gesammelt. "Maribor ist von den Möglichkeiten her das Red Bull, nur ohne Geld." Die slowenische Liga ist freilich an Niveau durchaus zu überbieten. "Sie ist weit schwächer als die österreichische, die Infrastruktur ist teilweise eine Katastrophe." Als sich im Juni Sturm gemeldet hat, "musste ich keine Sekunde überlegen. Es ist die dritte Heimkehr."

Worum es geht

Für Spaziergänge hat er momentan keine Zeit. "Ich beschäf­tige mich 17 Stunden am Tag mit Fußball, sieben schlafe ich." Milanic hat eine "angeschlagene Mannschaft vorgefunden. Sie war am Boden zerstört." Die Saison war ein Jammer, sie wurde mit einem 0:3 daheim gegen Wiener Neustadt beendet. Platz vier reichte trotzdem für die Qualifikation zur Europa League. Am Donnerstag gastiert Sturm in Island, Breidablik Kopavogur heißt der Gegner. "Die Aufgabe kommt früh, sie müsste aber zu lösen sein." Worum es im Fußball geht? "Um Emotionen, um den Siegeswillen, um Trophäen. In diesem Spiel ist alles möglich. Man darf nie sagen, dass etwas unmöglich ist."

Sturm ist auf dem Transfermarkt sehr aktiv gewesen. Anel Hadzic, Daniel Beichler, Marco Djuricin, Robert Beric wurden verpflichtet, dem 22-jährigen slowenischen Teamstürmer Beric, den Frank Stronach spendete, werden große Fähigkeiten nachgesagt. Milanic: "Es geht darum, rasch eine Mannschaft zu formen. Jeder muss voll konzentriert, mit dem Kopf bei der Sache sein. Es ist ein Neuanfang. Eingespielte Klubs wie Austria oder Salzburg haben sicher einen Startvorteil."

Osim wird immer der Chef sein

Der Trainer fordert im persönlichen Umgang Respekt ein, dies sei keine Einbahnstraße. "Auch ich respektiere jeden Spieler. Jeder Einzelne ist wichtig." Nur über ein funktionierendes Kollektiv sei der Erfolg möglich. "Wir müssen organisiert sein, Ordnung halten, den Ball besitzen. In meinem System ist es aber jedem erlaubt, seine individuelle Klasse zu zeigen."

Die Meisterschaft beginnt für Sturm am Sonntag bei Wacker  Innsbruck. Bis dahin könnte sich noch ein kurzer Stadtspaziergang ausgehen. Mit Ehefrau Mateja, den Kindern Chiara (11) und Mario (20). Die drei fühlen sich in Graz pudelwohl, Mario wurde hier geboren. "Aus der Familie schöpfe ich meine Energie", sagt Darko Milanic. Einer seiner Vorgänger ist Ivica Osim gewesen. "Dass ich jetzt Chef bin, ist eine schöne Geschichte. Obwohl mein Chef immer Osim sein wird." (Christian Hackl, DER STANDARD, 17.7.2013)