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Kürzere Beine sollen Frauen helfen, ihr Körpergewicht besser zu tragen.

Der Mensch hat mit körperlicher Aktivität immer weniger am Hut. Die Konsequenz daraus ist ein stetiger Abbau an Knochenmasse, wie auch der amerikanische Anthropologe Christopher Ruff feststellen konnte.

Ruff hat 100 fossile Beinknochenfunde mittels Röntgen unter die Lupe genommen und dabei herausgefunden, dass die Knochenstärke im Zeitraum von vor 1,7 Millionen bis vor 5.000 Jahren um 15 Prozent zurückgegangen ist. Aus dem Jäger und Sammler wurde mit dem Ende der Steinzeit der Sesshafte. Der Mensch von heute haftet im wahrsten Sinn des Wortes am Sessel und hat in den letzten 5.000 Jahren noch einmal 15 Prozent seiner Knochenmasse verloren.

Knochenschwach und übergewichtig

Der moderne Mensch hat also schlanke Knochen, muss damit jedoch immer mehr Körpergewicht tragen. Die globale Fettleibigkeit macht eigentlich eine prompte Stärkung der menschlichen Knochen erforderlich. Bisher war die Natur jedoch noch zu keiner messbaren Veränderung bereit.

Vielmehr scheint die funktionale Anpassung des Knochengerüsts an das Übergewicht - zumindest beim weiblichen Körper - eher über eine Verkürzung der Knochen zu passieren. Diese Reaktion auf die Belastung legt eine Langzeitstudie der Yale-Universität nahe. "Das Problem mit den knochenschwachen Dicken wird eben nicht durch eine Rückkehr zum Steinzeitmodell gelöst, sondern durch eine Verkürzung der Gliedmaßen, so dass weniger Hebelkräfte auf das Knochengerüst wirken", mutmaßt Wissenschaftsjournalist Jörg Zittlau auf "Spiegel online".

Der Wiener Philosoph und Biologe Franz M. Wuketits sieht die evolutionäre Schrumpfung etwas differenzierter: "Angeblich wird in den nächsten 200 Jahren die Köperhöhe bei Frauen um zwei Zentimeter schrumpfen. Allerdings wäre ich vorsichtig, hier die Ergebnisse von Einzelstudien zu verallgemeinern und in die Zukunft zu projizieren."

Knochenwachstum stimulieren

Die Fähigkeit, bei Bedarf stärker zu werden, haben die menschlichen Knochen im Laufe der Evolution aber durchaus behalten. Das menschliche Skelett reagiert in vergleichsweise kurzen Zeiträumen auf metabolische Bedürfnisse und mechanische Einflüsse. So baut zum Beispiel regelmäßiges Tennisspielen nicht nur die Muskulatur auf, die wiederkehrende mechanische Belastung lässt auch die Knochen wachsen. Tennisprofis haben in ihrem Schlagarm einen Oberarmknochen, der durchschnittlich 40 Prozent stärker ist als der des anderen Armes.

Bewegung stimuliert das Knochenwachstum. Nicht zuletzt deshalb wird körperliche Aktivität von Präventionsexperten zur Vorbeugung der Osteoporose empfohlen. Gefragt ist also der Mensch selbst. Auf die Evolution ist zumindest auf kurze Sicht zu wenig Verlass. (Gabriela Poller-Hartig/Regina Walter, derStandard.at, 16.8.2013)