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Während des Baubooms der Nullerjahre lachten junge Bauarbeiter über ihre lernenden Altersgenossen. Sie verdienten gut und sahen keinen Grund, zur Schule zu gehen. Nun ist es genau umgekehrt.

Foto: reuters/comas

Madrid - Chancenlos, frustriert, ohne Zukunft: Noch nie ging es der spanischen Jugend so schlecht wie heute. Laut der neusten Umfrage des Europäischen Statistikamts Eurostat gehen in Spanien derzeit fast 24 Prozent der 18- bis 24-Jährigen weder zur Schule oder Universität noch einem Beruf nach. Die in Spanien bereits als "Weder-noch-Generation" bezeichnete Bevölkerungsgruppe ist damit deutlich größer als in anderen europäischen Mitgliedsstaaten und hat sich seit dem Einsetzen der spanischen Wirtschaftskrise im Jahre 2008 fast verdoppelt.

Hoher Anteil an Schulabbrechern

Besonders schlimm ist die Situation auf den Kanarischen Inseln (30,2 Prozent), in den spanischen Nordafrika-Exklaven Ceuta (36,5 Prozent) und Melilla (30,2 Prozent) sowie in Andalusien (28,7 Prozent). Der EU-Durchschnitt der Jugendlichen, die weder studieren noch einer Arbeit nachgehen, liegt hingegen bei 17 Prozent. In Deutschland gehören 9,8 Prozent der Jugendlichen zwischen 18 und 24 Jahren dieser Gruppe an. Nur in Italien, Griechenland und in Bulgarien liegt die Quote der "Weder-noch-Generation" höher als in Spanien.

Ein Grund für diese Situation ist neben der Wirtschaftskrise auch der hohe Anteil an Schulabbrechern in Spanien, der mit 28,8 Prozent weit über dem europäischen Durchschnitt von 14,5 Prozent liegt. Dabei war die Zahl der Schulabbrecher vor der Krise sogar noch höher, als bis zu 40 Prozent die Sekundarstufe ohne Abschluss abbrachen. Das lag vor allem am schnellen Geld im Zuge des Immobilienbooms.

Boom traf junge Bauarbeiter

Auch ohne Ausbildung fand man in den Zeiten, als Spanien so viele Wohnungen baute wie Deutschland, England und Frankreich zusammen, schnell einen Job. Jugendliche, die mit 16 schon auf den Baustellen im Akkord Wände hochzogen und dafür mit 1.500 Euro ein überdurchschnittliches Gehalt bekamen, machten sich damals über ihre Freunde lustig, die immer noch zur Schule oder an die Uni gingen oder unbezahlte Langzeitpraktika absolvierten. Heute finden sich die Schulabbrecher in den Schlangen vor den Arbeitsämtern wieder - ohne Ausbildung und ohne Schulabschluss.

Als vor fünf Jahren die Immobilienblase platzte, verloren zuerst Bauarbeiter mit befristeten Verträgen und unqualifizierte Arbeitskräfte ihren Job, dann kamen die Bau-Zulieferfirmen an die Reihe. Mittlerweile greift die Krise aber auch auf Branchen über, die bisher kaum betroffen waren. Allein im Tourismus, der zu den Stützpfeilern der spanischen Wirtschaft gehört, wurden in den vergangenen fünf Jahren 600.000 Arbeitsplätze abgebaut.

Was Hänschen ...

Viele wollen aber trotz der aussichtslosen Lage nicht wieder zurück auf die Schulbank und hoffen auf ein baldiges Ende der Immobilienkrise. Aber die spanische Wirtschaft steckt auch nach fünf Krisenjahren immer noch tief in der Rezession und die Lage auf dem Arbeitsmarkt bleibt angespannt.

Daran dürfte sich vorerst auch wenig ändern. Die konservative Regierung geht selbst davon aus, dass Spanien im kommenden Jahr wenig Wachstum erzielen und sich die Arbeitslosenquote kaum ändern wird. "Wir strengen uns an, unsere eigenen Prognosen zu widerlegen", machte Ministerpräsident Mariano Rajoy seinen Landsleuten vor kurzem nur wenig Mut. (APA, 16.7.2013)