Bild nicht mehr verfügbar.

Ein Sergeant der Queen's Royal Lancers startet in Afghanistan eine Mini-Überwachungsdrohne des Typs Black Hornet. Die ferngesteuerte Hornisse ist 16 Gramm schwer und zehn Zentimeter lang.

Foto: EPA

Jeden Sonntag versammeln sich in der afghanischen Hauptstadt Kabul mehrere Hundert Menschen gegenüber dem Hauptquartier der Nato. Die Gedenkfeier um 12 Uhr mittags gilt den Gefallenen des Kampfes gegen die Taliban. An einem heißen Sonntag im vergangenen Monat gedachte die Menge der 106 in der Woche davor getöteten Soldaten und Polizisten. 13 von ihnen waren Ausländer, die meisten Georgier, die in einen Hinterhalt der Taliban geraten waren. Alle anderen gehörten den afghanischen Sicherheitskräften an.

Dies sei eine durchschnittliche Verlustrate, weiß Ben Barry vom Londoner Institut für Strategiefragen IISS. Der kürzlich von einer Erkundungsreise zurückgekehrte britische Brigadegeneral a. D. zieht daraus den Schluss: "Die afghanischen Streitkräfte halten bisher den energischen Angriffen der Taliban gut stand."

Die zunehmende "Afghanisierung" der bewaffneten Auseinandersetzungen stellt ein wichtiges Ziel dar für die Politik westlicher Nationen gegenüber dem strategisch wichtigen Land am Hindukusch. Derzeit sind noch rund 98.000 ausländische Soldaten in Afghanistan stationiert, darunter etwa 68.000 Amerikaner, 8000 Briten und 4400 Deutsche. Bis Ende 2014 soll die von der Nato geführte Isaf-Schutztruppe vom Hindukusch abziehen.

Das britische Kontingent steht überwiegend in der rebellischen Südprovinz Helmand. Dort hatten die Truppen Ihrer Majestät jahrelang schwere Verluste zu verzeichnen, doch in letzter Zeit ist es deutlich ruhiger geworden. Bis Jahresende wird die Sollstärke auf 5000 reduziert, von 80 Stützpunkten vor Jahresfrist sind inzwischen nur noch zwölf übrig.

Effiziente Spezialkräfte ...

General Barry zeigte sich beeindruckt von den Spezialkräften der afghanischen Polizei, die von der Regierung unter Präsident Hamid Karsai mittlerweile aufgebaut wurden. Auch in der Armee gebe es bereits Infanterie-Einheiten, die "mit einem guten britischen Bataillon" (650 Soldaten) vergleichbar sind. Allerdings fehle es an Unterstützung durch Artillerie, auch bleibe die Luftunterstützung eine Domäne der Isaf.

Für den Aufbau der afghanischen Luftwaffe ist die Lieferung von Flugzeugen vorgesehen, auch die Ausbildung von Piloten stelle kein Problem dar, sagt Barry. "Was fehlt, ist das technische Bodenpersonal. Dass die Luftwaffe vor 2018 wirklich einsatzbereit ist, halte ich für unwahrscheinlich."

In seinen Gesprächen mit afghanischen Kommandanten hätten ihm diese immer wieder deutlich gemacht, dass sie ohne enge Luftunterstützung durch den Westen den Kampf gegen die Taliban nicht durchhalten könnten.

Die hinter den Kulissen eingefädelte politische Lösung des Konflikts wurde kürzlich erschwert, nachdem die Taliban im Golfstaat Katar eine "Botschaft" eröffnet hatten. Seither verweigert sich Karsai den Verhandlungen. Der empörte Präsident geht zunehmend dazu über, das Nachbarland Pakistan als Unterstützer der Taliban für den Konflikt verantwortlich zu machen. Dem Wall Street Journal zufolge fürchten westliche Beobachter dahinter eine Strategie, die darauf abzielt, dem seit 2001 an der Macht befindlichen Karsai eine weitere Amtszeit zu sichern. Eigentlich kann er zur Präsidentschaftswahl 2014 laut Verfassung nicht mehr antreten.

Isaf-Kommandant und US-General Joseph Dunford umreißt das Problem der Monate bis zum geplanten Abzug mit dem Wort "Zuversicht": Diese müsse sich auf politischer Ebene darüber einstellen, dass die kommende Wahl ein deutlich weniger umstrittenes Ergebnis bringen wird als der Urnengang 2009. Damals wurden Karsai massive Manipulationen nachgewiesen. In militärischer Hinsicht müsse sich die afghanische Armeeführung darauf verlassen können, dass sie von den westlichen Waffenbrüdern nicht gänzlich im Stich gelassen werden.

... aber Probleme bei Rekruten

Die afghanische Armee soll planmäßig 352.000 Mann umfassen - zu dieser Sollstärke fehlen ihr derzeit noch fünf Prozent. Neben fehlenden Truppenteilen haben die Kommandanten vor allem mit dem Analphabetismus und der generell schlechten Ausbildung ihrer Rekruten zu kämpfen. Hingegen gilt die Armee internationalen Experten zufolge als nur wenig korrupt - jedenfalls im Vergleich mit anderen Institutionen in Afghanistan. (Sebastian Borger, DER STANDARD, 16.7.2013)