BMW 800 GS Adventure: Die Abenteuer-Edition der 800 GS, wie der Name bereits andeutet.

Foto: derstandard.at/gluschitsch

Größer sind Tank und Windschild, höher lässt sich im Vergleich zur zivilen 800 GS der Sitz verstellen.

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Die Enduro-Rasten verweisen ebenfalls auf die Adventure.

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Blickfang: Die LED-Leuchten, der Bremsflüssigkeitsbehälter.

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Das Adventure-Navi findet sich in der Aufpreisliste.

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Ebenfalls optional: Geländebereifung für den Offroader von Welt.

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Das war ja eh klar. Da bringt BMW endlich eine Adventure der 800er GS, fesch aufgmascherlt, mit Alukoffern - und dann fass ich grad eine rote aus, die mir BMW für den Test zur Verfügung stellt. Gegen die sandfarbene, vor der ich schon vor wenigen Tagen eine kleine Lacke hintränschgert hab, schaut die rote ja regelrecht lieb aus. Wie eine dicke Enduro auf Bachblüten.

Dabei - dass die F 800 GS ordentlich hart im Nehmen ist, das hat sie bereits eindrucksvoll 2010 in Südafrika und 2012 in Südamerika bei der GS Trophy unter Beweis gestellt. Was sie dort in einer Woche wegstecken musste, wird einer anderen GS bei uns in zehn Jahren nicht widerfahren.

Und im Grunde ist die Adventure ja nichts anderes als die normale GS mit ein paar Änderungen. Der Heckrahmen ist stärker ausgelegt, damit er den um acht Liter größeren Tank auch problemlos dazaht. 24 Liter fasst dieser jetzt - und ja, er sitzt natürlich wieder hinten und nicht zwischen den Knien. Damit wirkt die Adventure auch nicht kopflastiger als die abenteuerlose Schwester. Die Sitzhöhe ist mit 860 bis 890 Millimeter um zehn Millimeter höher, das Windschild ist größer, die Adventure trägt Motorschutzbügel, und mit 229 Kilogramm ist sie 15 Kilogramm schwerer als die F 800 GS.

Stehend fahren

Für Langstreckenfahrer und Vielsitzer ist die gemütlichere Sitzbank sicher ein Pluspunkt. Aber einer, der wie ich so ein Motorrad sowieso am liebsten im Stehen fährt, hätte mit einem harten, knackigen Bankerl mehr Freud. Ja, ich steh auf der GS auch gerne, wenn ich auf der Straße fahre. "Stehend fährt man im Gelände, um die Unebenheiten und Schläge besser ausgleichen zu können und das Bike zu entlasten. Man federt aus den Beinen mit - das geht eben im Sitzen nicht und würde das gesamte Feder- und Dämpfersystem noch zusätzlich mit dem eigenen Körpergewicht belasten", erklärt Georg Scheiblauer, Motorrad-Chefinstruktor der ÖAMTC-Fahrtechnik, woher das kommt. "Am Asphalt gibt es dafür keine Notwendigkeit, es ist sinnlos - außer höchstens, um auf langen Etappen einmal kurz den Popsch zu entlasten."

Ich will aber. Und ich mache einfach. Stehend fahren. Und bis auf eine weiße Maus in Irland - heißen die dort auch so? - hat es noch niemanden gestört. Die GS fährt sich aber auch ganz fantastisch über die Rasten. Die Adventure sogar noch besser als die normale GS, weil sie die großen Endurorasten hat und der verstärkte Bremshebel einstellbar ist. Letzterer schaut mir übrigens trotzdem noch ein wenig zu filigran aus, als dass ich ihn im harten Offroad mit dem Cross-Stiefel treten möchte.

Drei-Tage-Stoppeln als guter Kompromiss

Wer wirklich gerne querfeldein sticht, der wird übrigens die Reifen tauschen müssen. Die Drei-Tage-Stoppeln sind zwar die perfekte Mischung für Straße und Schotterweg, aber wenn es ans Eingemachte geht, weiß ich bei über 200 Kilogramm Moped schon gern, dass sich die Pneus gut in den Boden krallen. Geländepatschen gibt es bei BWM als Sonderausstattung.

Wer gern Kilometer auf der Autobahn abspult, braucht nichts machen, außer sich an die Geschwindigkeitsbegrenzung zu halten. Bei 150 km/h fängt die Adventure wegen der großen Alukoffer nämlich zu pendeln an. Aber es gibt nix Feineres als diese Blechkisten - darum entweder langsamer fahren oder das Pendeln als sanfte Lockerungsmassage genießen.

Richtig gut hingegen ist der Enduro-Modus, der sowohl auf der Bremse wie auch beim Beschleunigen ordentlich Schlupf zulässt. Das System funktioniert so gut, dass es eigentlich schade ist, dass es aufpreispflichtig ist. Nur das ABS ist serienmäßig - ASC und damit der Enduro-Modus wie auch das ESA sind als Sonderausstattung erhältlich.

Kein Schnäppchen

Sonderzubehör ist übrigens auch der Hauptständer. Dafür ist der hässlichste Bremsflüssigkeitsbehälter von überhaupt, der sich in der Szene als "Brunzbecher" schon einen eigenen Namen gemacht hat, serienmäßig. Die LED-Zusatzscheinwerfer auf dem Testmotorrad kosten übrigens auch ein bisserl was extra.

Ab 14.100 Euro gibt es die Adventure übrigens. Mit den beiden Alu-Koffern, dem Topcase-Halter, den LED-Leuchten und dem BMW-Motorrad-Navigator Adventure - wie eben das Testmotorrad - legt man 15.780 Euro ab. Das ist jetzt kein Schnäppchen, aber auf der anderen Seite hat man um das Geld alles, was man für eine flotte Weltumrundung braucht. Außer hin und wieder tanken muss man nicht viel tun.

Und wenn die roten Plastiks nach den ersten Einschlägen in Fetzen herunterhängen, ist das auch nicht so schlimm. Bei den schönen sandfarbenen Teilen wäre das schon anders. Aber auch das steckt sie locker weg. Man glaubt gar nicht, was alles an einem Felsen oder im Bach liegen bleiben kann, und die F 800 GS fährt immer noch, als warat nix gewesen. Und darum war es höchste Zeit, dass die 800er nun endlich als Adventure die Mittelklasse aufmischt. Bleibt nur zu hoffen, dass die künftigen Besitzer sie dann auch einmal abseits der Straße fahren. Obwohl: Ich fürchte, ich fürchte ... (Guido Gluschitsch, derStandard.at, 15.7.2013)