Weil es "schließlich es bei denen zu Hause oft nicht üblich ist, Trinkgeld zu geben", wird bei Wien-Besuchern schon einmal nachgeholfen.

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Im Ausnehmen von Wien-Touristen bringen es manche Kellner zu virtuoser Meisterschaft. So wird von einem als "Beisl" titulierten Nobelrestaurant hinter dem Dom berichtet, in dem ein hochdekorierter Koch zu Werke geht. Auf Empfehlung eines Geschäftspartners waren dort unlängst italienische Medienmacher zu Gast.

Das Speisen waren ohne Tadel, die Getränke teuer, aber gut gekühlt. Auch die Rechnung kam prompt, dafür mit einem ungefragt angefügten, als "Tip" ausgewiesenen Posten im Wert von zehn Prozent der Gesamtkonsumation. Derlei hatten die Herrschaften bei ihren zahlreichen Wien-Besuchen noch nie erlebt, weshalb sie ihren Geschäftspartner - und Tippgeber - umgehend informierten.

Prices including all taxes and fees

Der fragte kurzerhand im Lokal nach. "So machen wir das bei ausländischen Gästen", kam forsch die Antwort, "schließlich ist es bei denen zu Hause oft nicht üblich, Trinkgeld zu geben. Wird auf der englischen Speisekarte auch angeführt: Da steht deutlich ,prices including all taxes and fees'. Hat unser Geschäftsführer extra reinschreiben lassen."

Ganz abgesehen davon, dass etwas, das bereits "inkludiert" ist, sich eher nicht im Nachhinein als eigener Posten auf der Rechnung wiederfinden sollte: Es ist schön zu wissen, dass Trinkgeld jetzt schon als Gebühr ("fee") gilt, die gefälligst zu entrichten ist - und andernfalls einfach eingehoben wird. Irgendwie muss das Wienerherz schließlich vergoldet werden. (corti, DER STANDARD, 15.7.2013)