Bild nicht mehr verfügbar.

Stets bedacht, nichts falsch zu machen: Beatrix Karl.

Foto: apa/Jaeger

Für eine politische Karriere ist es nützlich, wenn man stets freundlich lächelt, Sachkompetenz vermittelt und sich dennoch mit niemandem ernsthaft anlegt.

Beatrix Karl hat diese Kunst jahrelang zur Meisterschaft entwickelt: Die Juristin aus dem steirischen Bad Gleichenberg hat sich an der Karl-Franzens-Universität als Arbeitsrechtlerin einen Namen gemacht und gleichzeitig beim steirischen ÖAAB angedockt.

Und sie war stets bedacht, nichts falsch zu machen: Schon am Gymnasium in Feldbach war sie Vorzugsschülerin, wurde 1991 mit 24 Jahren Universitätsassistentin und schloss 1995 das Doktoratsstudium ab. Selbstredend mit ausgezeichnetem Erfolg - und mit einem Preis der oberösterreichischen AK für ihre Dissertation. Sechs Jahre später war sie Assistenzprofessorin, 2003 dann außerordentliche Universitätsprofessorin.

Wer so auffallend gut ist, fällt irgendwann auch den Politikern auf - in ihrem Fall jenen der ÖVP: Schließlich waren schon ihr Großvater (im burgenländischen Jennersdorf) und ihr Vater (in ihrer Heimatgemeinde Bad Gleichenberg) konservative Kommunalpolitiker. Vater Volker Karl tritt noch jetzt gerne in der Uniform von Kaiser Franz Joseph (etwas unhistorisch) beim örtlichen Biedermeierfest auf. Wenn die Justizministerin ihn dort im Dirndl besucht, dann ist die Welt in Ordnung.

In diesem Amt ist sie unerwartet ins Zentrum der Kritik geraten - was ihr als Nationalratsquereinsteigerin (2006), ÖAAB-Generalsekretärin (als solche eine Erfindung von Michael Spindelegger) und als Wissenschaftsministerin (an die man sich kaum noch erinnert) nicht passiert ist. Und eigentlich galt gerade das Justizressort als das ideale Betätigungsfeld für die Rechtsprofessorin. Als jetzt die Zustände in den Gefängnissen bekannt geworden waren, reagierte die Musterschülerin, wie eben ein Musterschüler reagiert, dem etwas vorgeworfen wird, wofür er nichts kann: Sie zeigte sich beleidigt, arrogant und rechthaberisch.

In der politischen Wahrnehmung bekommt aber nicht der recht, der recht hat - sondern der, dem man gerne recht geben möchte. Karl verstand das tagelang nicht, schien die Welt jenseits der Paragrafen überhaupt nicht mehr zu verstehen, tauchte ab.

Als steirische ÖVP-Spitzenkandidatin muss sie aber nun doch wieder an die Öffentlichkeit. Und Gefühle zeigen, wo sie bisher gemeint hat, recht zu haben genüge. (Conrad Seidl, DER STANDARD, 13.7.2013)