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Überdimensionierte Verkaufsflächen, flaue Umsätze: Überhitzte Expansion macht Europas Baumärkten in Osteuropa schwer zu schaffen.

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Wien - Europas Heimwerkerbranche wird zur Baustelle. Der jahrelange Überlebenskampf der deutschen Handelskette Praktiker endete gestern, Donnerstag, in einer Pleite. Anhaltende Verluste führten zu starken Liquiditätsengpässen, etliche Lieferanten nahmen verspätete Zahlungen nicht länger hin und kappten den Warenstrom. Der Versuch, in letzter Minute bis zu 40 Millionen Euro aufzustellen, misslang. Der Konzern meldete daraufhin in Hamburg die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens an. 18.000 Arbeitsplätze wackeln.

Bei der Sanierung mehr Gegenwind als erwartet erlebt auch Baumax: Die Baumarktkette in Hand der Familie Essl sucht Investoren, erfuhr DER STANDARD. In welcher Form und mit welchem Ausmaß der Einstieg erfolgen soll, sei noch offen. Derzeit würden alle Optionen geprüft, ist aus dem Konzern zu hören. Stehen müsse der Deal bis spätestens September in einem Jahr - bis dahin haben die Banken ihre Finanzierung zugesichert.

Baumax soll nicht verkauft werden

Im Falle einer Restrukturierung werden immer alle Möglichkeiten ausgelotet, sagt eine Sprecherin der Baumax-Gruppe. Derzeit sei ein Verkauf aber keine Option, die Eigentümerfamilie stehe voll hinter dem Unternehmen, die Banken hätten für die dreijährige Dauer der Restrukturierung ebenfalls ihre Zustimmung gegeben. Baumax fährt nach hohen Verlusten in Osteuropa einen scharfen Sparkurs. Die mit den Banken vereinbarten Budgetpläne für das erste Quartal wurden aber nicht erreicht - der lange Winter setzte der gesamten Branche schwer zu. Der Konzern stufte daraufhin die Prognosen für das Ostgeschäft zurück.

Das gesamte erste Halbjahr war auch aufgrund des Hochwassers hinter den Erwartungen, bestätigt die Sprecherin. "Wir gehen davon aus, dass sich die Situation im zweiten Halbjahr stabilisiert." Bis auf Filialen in Bratislava und Ljubljana trenne man sich von keinen Standorten. Gespart werde vor allem bei den Betriebskosten, Stellen nach Mitarbeiterkündigungen würden nur selektiv nachbesetzt.

Folgepleiten im Osten drohen

Bei Praktiker geht es nun jedoch ans Eingemachte. Der Insolvenzantrag der deutschen Gesellschaft war der erste Schritt, der Konkurs der Firmen in Osteuropa, wo das Unternehmen mit mehr als 60 Filialen vertreten ist, sei der voraussichtlich nächste, sagt ein mit der Causa Vertrauter im Gespräch mit dem STANDARD. Die Marke Praktiker werde dort erhalten bleiben - aus Deutschland aber vermutlich verschwinden. "Es ist nicht sinnvoll, zweigleisig zu fahren." Von der Pleite nicht betroffen ist die höherpreisige Vertriebslinie Max Bahr mit 132 Märkten. Mit ihren rentableren Geschäften sollen 1,5 Mrd. Euro Umsatz aus der Gruppe herausgeschält werden. Max Bahr dient als Sicherheit für Kredite über 75 Millionen, die auch Raiffeisen International gewährte.

Praktiker zog sich vor sechs Jahren vollständig aus Österreich zurück. An österreichischem Engagement für die nunmehr gescheiterte Gruppe fehlte es aber nicht. Großaktionär ist Alain de Krassny mit seiner Donau Invest. Als Sanierer wurde Armin Burger, einst Chef des Diskonters Hofer, geholt. Den Aufsichtsrat führt der Investor Erhard Grossnigg an. Ex-Coface-Chefin Martina Dobringer zog ebendort ein. Isabella de Krassny, die emsig Kapital für die Rettung Praktikers einsammelte, ist nach wie vor überzeugt, dass sich die Kette auch insolvent sanieren lasse. Einige Geldgeber hätten 40 Millionen aufgetrieben, ließ Alain de Krassny wissen. Der Rettungsplan sei aber an fehlenden Sicherheiten gescheitert. Gläubiger gaben rotes Licht. Was auch einem britischen Hedgefonds den Mut nahm, neues Kapital einzuschießen.

De Krassny habe in Österreich vor allem betuchte Klientel für Investitionen in Praktiker gewinnen können, sagt Kleinanlegervertreter Wilhelm Rasinger. Dass diese mit Risiken verbunden waren, müsse jedem klar gewesen sein.

Praktiker bedient wie Baumax die private Heimwerkerszene, sagt Marktforscher Andreas Kreutzer. "Selbst zum Bohrer, Hammer und Pinsel greifen jedoch immer weniger." Sanierungen würden zunehmend Professionisten überlassen, die vor allem bei großen Baustoffhändlern und Lagerhäusern einkauften. (Verena Kainrath, DER STANDARD, 12.7.2013)