Wien - Das Okay für die Sanierung der Akademie der bildenden Künste steht kurz bevor: Das Projekt bleibt im vereinbarten Rahmen (2012 wurden die Kosten auf 30,25 Millionen Euro geschätzt), Rektorin Eva Blimlinger rechnet daher mit einer Übersiedlung ins Ausweichquartier, das alte Gebäude der Wirtschaftsuniversität, spätestens im Sommer 2014.
Zeitgleich soll zwar auch die Angewandte in die WU übersiedeln. Doch die Chancen, dass deren Bauprojekt realisiert wird, scheinen schlecht zu stehen. Rektor Gerald Bast drängt im Gespräch mit dem Standard auf eine Baufreigabe - noch vor der Nationalratswahl. Denn er weiß genau: "Man kann Projekte scheitern lassen, indem man sie nicht behandelt." Daher sein Appell an Finanzministerin Maria Fekter: "Die Erweiterung der Angewandten ist ein Paradefall für ein Konjunkturstimulierungsprojekt!"
Die Platznot der Angewandten am Oskar-Kokoschka-Platz ist seit vielen Jahren groß. Zudem erfüllt der 1965 errichtete Schwanzer-Zubau längst nicht mehr die sicherheitstechnischen wie sanitären Mindeststandards. Bast, seit 2000 Rektor, überlegte daher u. a. einen Neubau auf der Donauplatte, kam von der Idee aber wieder ab: 2010 fiel die Entscheidung, am zentralen Standort zu bleiben, da es an diesem doch ausreichende Erweiterungsmöglichkeiten gäbe.
Daraufhin, im September 2011, schrieb die Bundesimmobiliengesellschaft (Big) einen Architekturwettbewerb aus. Als Sieger ging im Februar 2012 Wolfgang Tschapeller hervor. Sein Vorschlag sieht eine unterirdische Erweiterung und Öffnung nach außen vor. Sichtbares Zeichen ist eine luftige, dem regalartigen Schwanzer-Trakt vorgelagerte Konstruktion samt Treppenhaus: Tschapeller spricht von einer "Membrane".
Kosten nun bei 105 Millionen
Der Akademieprofessor begann sogleich mit der Vorentwurfsplanung, im Dezember 2012 übernahm das Wissenschaftsministerium eine Haftungszusage in der Höhe von 9,85 Millionen Euro. Sprich: Sollte es zu keiner Realisierung kommen, würde der Bund die Planungskosten bis zu dieser Höhe übernehmen. Bast wertete dies als äußerst positives Zeichen.
Aber: Bei der Präsentation des Entwurfs sprach Bast von 46 Millionen Euro Netto-Baukosten; acht Monate später, nach Fertigstellung des Vorentwurfs, waren sie auf 80,1 Millionen geklettert. In mehreren Sitzungen mit der Big wurde das Projekt ein wenig redimensioniert; gegenwärtig schätzt man die kompletten Errichtungskosten auf 105 Millionen Euro.
Am 19. April erbat die Angewandte die "Baufreigabe". Zudem wurde das Wissenschaftsministerium ersucht, rasch das Einvernehmen mit dem Finanzministerium herzustellen. Doch der Prozess braucht Zeit. Denn zum neuen Haushaltsrecht gehört die "wirkungsorientierte Folgeabschätzung". Diese gibt Auskunft über die wirtschafts- und umweltpolitischen Auswirkungen eines Projekts. Derzeit wird das Vorhaben der Angewandten routinemäßig vom Finanzministerium geprüft. Wann mit einem Ergebnis zu rechnen ist, weiß dort niemand.
Dem Rektor aber läuft die Zeit davon: "Derzeit ist die Entwurfsplanung im Gange. Die 9,85 Millionen werden demnächst aufgebraucht sein. Wenn vor der Wahl am 29. September keine Baufreigabe kommt, steht das Projekt still." Und zwar für lange Zeit. Denn die Koalitionsverhandlungen und die Einarbeitungsphase der neuen Regierung werden sich über mehrere Monate hinziehen.
Die Fortsetzung des Lehrbetriebes im Schwanzer-Trakt sei aber nicht mehr länger möglich: "Wir konnten bisher die Feuerpolizei und die Bauinspektion zurückhalten - eben mit Hinblick auf die anstehende Erweiterung. Aber wenn sie nicht kommt, wird das Gebäude gesperrt werden müssen." Eine temporäre Übersiedlung dürfte also in jedem Fall notwendig sein. Das Zeitfenster ist jedoch klein: 2018 soll das Parlament in der alten WU Unterschlupf finden.
Die einstigen Hoffnungen, dass die Angewandte ihr 150-Jahr-Jubiläum 2017 in neuen bzw. sanierten Räumen feiern werde, hat Bast längst fahren lassen. Nun würde er gerne wenigstens zu einem Baustellenfest einladen können. (Thomas Trenkler, DER STANDARD, 12.7.2013)