Zahlreiche Funde erlauben eine Rekonstruktion der Landschaft und des Lebens in Rheinhessen vor 8,5 Millionen Jahren. Die Zahn- und Knochenrelikte weisen auf eine außergewöhnlich hohe Paläobiodiversität hin.

Illustration: Wolfgang Weber /Springer

Der Südwesten Deutschlands dürfte vor über acht Millionen Jahren eine fruchtbare, artenreiche Savannenlandschaft gewesen sein. Eine aktuelle Zusammenfassung bisheriger Funde an der Grabungsstätte Dorn-Dürkheim offenbart eine enorme Fülle an unterschiedlichen Säugetier-Spezies, darunter auch einige Rüsseltierarten und Nashörner.

In der Nähe des Ortes Dorn-Dürkheim in Rheinhessen haben Wissenschafter vom Senckenberg Forschungsinstitut Frankfurt fast ein Vierteljahrhundert gegraben. Spektakuläre Skelettfunde wie in Messel, Eckfeld oder dem Geiseltal kamen nicht ans Licht. Aber auch kleinere Stücke wie Zähne oder Knochenfragmente können ein detailreiches Bild der biologische Vielfalt vor mehreren Millionen Jahren in dieser Region nachzeichnen.

So fanden die Paläontologen Hinweise auf fünf unterschiedliche Arten von Bibern. Noch erstaunlicher ist das Nebeneinander einer Reihe von Rüsseltieren - heute gibt es weltwelt nur noch drei Elefantenarten. Obendrein lebten noch drei Nashörner-Arten in der Region.

Mindestens 80 Säugetierarten

Mittlerweile kennt man aus Dorn-Dürkheim mehr als 80 Säugetierarten. Das ist eine außergewöhnlich hohe Paläobiodiversität, die der Vielfalt heutiger Faunen nahe kommt. Auf dieser Basis lässt sich mit einiger Sicherheit ein Bild des Lebens rekonstruieren, wie es sich vor etwa 8,5 Millionen Jahren im damaligen Bereich von Rheinhessen abgespielt hat. Obgleich keinerlei Pflanzenreste überliefert sind, erlaubt es die bekannte Artenvielfalt, die damaligen Umweltbedingungen differenziert abzubilden. Offenbar hatte die damalige Landschaft in Rheinhessen viel mit Savannenverhältnissen, wie man sie heute in Ostafrika antrifft, gemeinsam.

Unter den aus Dorn-Dürkheim bekannt gewordenen Säugetierarten entdeckten die Wissenschafter einen hohen Anteil an "Migranten". Dabei handelt es sich zumeist um Waldbewohner, die sich offenbar zu jener Zeit vor der aus dem Mittelmeergebiet vorrückenden Trockenheit nach Norden zurück gezogen haben, Umweltflüchtlinge sozusagen. (red, derStandard.at, 14.07.2013)