Paris - Mit dem Verkauf eines milliardenschweren Aktienpaketes zieht sich der französische Staat weiter beim Autobauer Renault zurück. Am Montag stieß Paris 8,5 Prozent des Unternehmens über die Börse ab und will künftig noch etwa 15 Prozent an dem einstigen Staatskonzern halten. Dem knapp 1,2 Mrd. Euro schweren Privatisierungsschritt sollen nach Angaben des französischen Finanzministeriums auf absehbare Zeit keine weitere Anteilsverkäufe folgen.

Kein Zusammenhang mit Haushaltsproblemen

Ein Ministeriumssprecher dementierte jeden Zusammenhang mit Frankreichs Haushalts-Problemen. Nach Angaben der federführenden US-Investmentbank JP Morgan brachte der jüngste Verkauf der Pariser Regierung Einnahmen von 1,177 bis 1,189 Mrd. Euro. Der französische Staat wolle sich "kurz- oder mittelfristig" aber nicht von weiteren Renault-Anteilen trennen, sagte ein Sprecher des Finanzministeriums.

Frankreich hatte 1990 erstmals 20 Prozent von Renault abgegeben, damals an den schwedischen Partnerkonzern Volvo. 1994 ging das Unternehmen an die Börse, der Staat behielt jedoch bis 1996 die Anteilsmehrheit. Das letzte große Renault-Aktienpaket von 10,7 Prozent hatte die Linksregierung unter Lionel Jospin im April 2002 verkauft.

Aktie verliert an Wert

Der für das nun verkaufte 8,5-prozentige Paket erzielte Preis lag zwischen 48,65 und 49,15 Euro pro Anteilsschein. Bei großer Nachfrage sollte das Aktienpaket im Tagesverlauf noch um ein Zehntel aufgestockt werden. An der Abwicklung beteiligt waren außer JP Morgan auch die Deutsche Bank und die Societe Generale.

An der Pariser Börse verlor die Renault-Aktie in direkter Folge der Platzierung entgegen dem allgemeinen Trend leicht an Wert: Am Nachmittag wurde ein Anteilsschein des Autobauers mit 49,22 Euro um knapp 1,2 Prozent tiefer notiert.

Neue Modelle

In den vergangenen sechs Wochen hatte die Aktie jedoch gut 19 Prozent zugelegt, in den letzten beiden Monaten sogar mehr als 30 Prozent.

Hintergrund ist unter anderem die Partnerschaft mit dem japanischen Hersteller Nissan, durch die Renault im ersten Halbjahr einen Rekorderlös von 1,177 Mrd. Euro (plus 31,6 Prozent) erwirtschaftet hatte. Damit wurden die Erwartungen übertroffen, während der heimische Konkurrent PSA Peugeot Citroen enttäuscht hatte. Das Renault-Betriebsergebnis sank indes zuletzt wegen gefallener Umsätze, der Schwäche des französischen Automarktes und der Exporte verteuernden Euro-Stärke.

Mit neuen Modellen wie dem Megane und dem Scenic will Renault im kommenden Jahr seinen operativen Gewinn steigern, der in der ersten Jahreshälfte 2003 noch um mehr als ein Drittel eingebrochen war. Einige Branchenexperten sehen für Renault bessere Geschäftsperspektiven als für den Konkurrenten PSA Peugeot-Citroen.

Streubesitz erhöht

Die reduzierte staatliche Beteiligung an Renault erhöht den Streubesitz und sollte sich nach Einschätzung von Analysten auf längere Sicht positiv auf den Aktienkurs auswirken. Durch den höheren Streubesitz bei Renault werde der Aktienhandel liquider und lebendiger, sagten Marktstrategen.

Bisher habe man damit rechnen müssen, dass die Aktie bei 50 Euro ihr Potenzial ausgeschöpft habe, so Patrice Solaro von Julius Baer. Nun jedoch könne sie bis 60 Euro steigen.

Nach Angaben der US-Investmentbank J.P. Morgan, die den Verkauf der Renault-Aktien weltweit koordiniert hat, wurden in einem beschleunigten Preisfindungs-Verfahren 24,2 Millionen Anteilsscheine institutionellen Investoren außerhalb der USA zum Preis zwischen 48,65 und 49,15 Euro angeboten. Händlern zufolge wurden für alle Aktien Käufer gefunden.

Renault gab unterdessen bekannt, ihren Anteil an der marokkanischen Somaca von 8 auf 46 Prozent zu steigern. Renault hat nach eigenen Angaben eine verbindliche Erklärung unterzeichnet, derzufolge sie den Anteil der marokkanischen Regierung an Somaca von 38 Prozent übernehmen will. Es sei geplant, Ende September 26 Prozent zu erwerben und die verbleibenden zwölf Prozent Ende 2005 zu übernehmen. Ende 2005 will Renault ein eigens für den marokkanischen Markt konzipiertes Modell produzieren. (APA/Reuters/vwd)