Salzburg - Wie manche Reform auf Salzburgs mit Mammon gepflastertem Festspielboden, so trägt auch Christian Stückls Generalüberholung des Jedermann auf dem Domplatz Züge einer zum Äußersten entschlossenen Halbherzigkeit. Weil Jedermann (Peter Simonischek) grässlichste Todesangst leidet, steht ihm pünktlich jene Bußfertigkeit zu Gebote, die er eben noch mit heiserer Geschäftigkeit brüsk von sich gewiesen hat.
Es mag daher zu den ernüchternderen Aspekten von Stückls Reformwerk zählen, dass es einem Moribunden mit allerlei Schönheitspflästerchen und moralphilosophischen Tinkturen zu Leibe rückt - vor der Schmockerei aus Hofmannsthals spätkatholischer Dramenanstalt aber sozusagen klein und versagensängstlich beigibt.
Stückls pfundige Idee, Gott den Herrn zu einem von fern jüdisch wirkenden Bettelmönchlein (Peter Fitz) herunterzukürzen, lebt von derselben gebremst aufklärerischen Debattierlust, mit der die altrosa Buhlschaft (Veronica Ferres) entgegen dem Urtext Jedermanns Katzenjammer fast bis zu seiner Entsühnung beiwohnt.
Liegt es am nunmehr um 20.30 Uhr herabfallenden Samtmantel der Nacht, dass Simonischek, dieser hochmoderne, seine Heldengestalt von innen her zersetzende und abwetzende Kraftschauspieler, von Anfang an gereizt wirkt? Als überfiele ihn in Gesellschaft der Knittelversaufsager das eine oder andere Zipperlein; als müsse man angesichts der zanklustigen Queen Mum als Betmutter (Jennifer Minetti) schier am üppigen Leben verzweifeln. Als wäre auch noch das Sterben eine Dienstleistung am eigenen Nimbus des Kraftlackels als hinfälliger Mann.