Salzburg - Das "Young Directors Project" der Salzburger Festspiele geht heuer ins zweite Jahr. Die erste Premiere im Rahmen dieses Wettbewerbs, bei dem drei junge RegisseurInnen um Preisgeld rittern, gilt am Sonntag (27. Juli) der "Frau vom Meer", allerdings nicht der von Henrik Ibsen. "Sicher werden die Kenner das Stück wiederfinden, aber es ist eine starke und eigenwillige Bearbeitung von Susan Sontag", erzählt die Regisseurin Monika Gintersdorfer über das 1998 (110 Jahre nach der Entstehung des Originals) uraufgeführte Stück, das im Salzburger republic in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Theater Berlin gezeigt wird.

Die bekannte US-Autorin verwendet zwar teilweise Ibsen-Originaltext, hat aber das Stück nicht nur verknappt, sondern ihm auch eine neue Struktur gegeben: "Sie verwendet nicht die Entwicklungs- oder Enthüllungsdramaturgie Ibsens, sondern beginnt mit Plädoyers der beiden Eheleute." Der Arzt Wangel und seine Gattin Ellida (eben die "Frau vom Meer") finden, wie im Original, keine Basis, auf der ein glückliches Zusammenleben möglich ist. Doch nun haben die Partner "einen sehr hohen Bewusstseinsgrad. Es hat schon sehr viele Aussprachen gegeben."

"Im Prinzip geht es um Integration"

Therapien, Medikamente oder Psychoanalyse bieten dem "recht normalen Paar" moderne Mittel für eine Auseinandersetzung, die Gintersdorfer für hoch aktuell ansieht: "Im Prinzip geht es um Integration. Die Konstellation, dass Menschen aus unterschiedlichen Traditionen und Kulturen kommen, wird immer häufiger. Damit müssen sich sehr viele Paare herumschlagen."

Diese Aussage gilt nicht zuletzt auch für die 1967 im peruanischen Lima als Tochter österreichischer Auswanderer geborene Regisseurin: "In unserer Familie ist es ganz extrem. Wir haben lauter Mischehen, und ich selbst bin mit einem Afrikaner verheiratet."

Werdegang

Gintersdorfer, die ihre Kindheit in Argentinien verbrachte, absolvierte Schul- und Universitätsausbildung in Deutschland. Nachdem sie als Regieassistentin am Schauspielhaus Hamburg begonnen hatte, legte sie dort im Jahr 2000 mit Albert Ostermaiers "Radio Noir" ihre erste Inszenierung vor. Seither gilt sie als großes Regietalent und absolvierte rasch eine Reihe von viel beachteten Arbeiten: "Ich hatte sofort viele Angebote. Es war wohl auch das Glück, zu richtiger Zeit am richtigen Ort zu sein. Das erste Jahr war mühelos und überraschend. Danach fing es an, schwieriger zu werden. Die Produktionen wachsen, die Vorbereitungsphasen werden knapper."

An den Münchner Kammerspielen inszenierte sie seither u.a. "Bedbound" von Enda Walsh und Kerstin Spechts "Das goldene Kind", am Thalia Theater Hamburg die Uraufführung "Autofahren in Deutschland" von Ulrike Syha und in Frankfurt Elfriede Jelineks "Raststätte - oder sie machen's alle". Dass sie nun in einem Wettbewerb gegen zwei Regie-Kollegen (Antonio Latella und Alvis Hermanis) antritt, ist für Gintersdorfer ("Darüber mache ich mir keine Gedanken. Ich habe kein starkes Konkurrenzempfinden. Die Probenarbeit unterscheidet sich ja dadurch nicht.") weniger von Bedeutung als der Schauplatz Salzburger Festspiele: "Der ist absolut interessant. Ich würde auch sehr gerne etwas von der Oper sehen, es bleibt aber bei der Arbeit nicht viel Zeit dafür. Vielleicht geht sich das nach der Premiere besser aus." (APA)