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Gerichtszeichnung von Dschochar Zarnajew.

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Das Gerichtsgebäude in Boston, in dem die erste Anhörung stattfand.

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Richterin Marianne Bowler.

Foto: REUTERS/Jane Rosenberg

Boston - Knapp drei Monate nach dem Anschlag auf den Boston-Marathon ist der überlebende mutmaßliche Attentäter Dschochar Zarnajew erstmals vor Gericht erschienen und hat sich für nicht schuldig erklärt. Unter den Augen zahlreicher Opfer und Angehöriger wurden Zarnajew am Mittwoch die 30 Anklagepunkte eröffnet, darunter vierfacher Mord und der Gebrauch einer Massenvernichtungswaffe. Bei einer Verurteilung droht dem 19-Jährigen die Todesstrafe.

Zarnajew betrat den überfüllten Gerichtssaal in Boston in orangefarbener Häftlingskleidung, an Händen und Füßen trug er Fesseln. "Nicht schuldig", erwiderte er mehrfach auf die Vorwürfe. Nach sieben Minuten war die Anhörung vorbei. Bis zum Prozessbeginn dürften noch Monate verstreichen.

Dschochar Zarnajew soll gemeinsam mit seinem älteren Bruder Tamerlan am 15. April zwei Bomben im Zieleinlauf des Bostoner Marathons gelegt haben. Bei dem Anschlag wurden drei Menschen getötet und mehr als 260 verletzt. Auf ihrer Flucht sollen die aus einer tschetschenischen Familie stammenden Brüder einen Polizisten erschossen haben. Die Ermittler gehen von einem islamistischen Hintergrund aus.

Tamerlan stirbt bei Verfolgungsjagd

Tamerlan Zarnajew wurde vier Tage nach dem Anschlag bei einer Verfolgungsjagd mit der Polizei getötet, Dschochar wurde schwer verletzt gefasst. Nach einer Behandlung in einem Gefängniskrankenhaus geht es ihm mittlerweile wieder besser. Vor Gericht waren die Verwundungen am Mittwoch aber noch sichtbar, insbesondere am linken Auge. Ein Arm Zarnajews war gegipst.

Auf 17 der 30 Anklagepunkte, die Zarnajew vorgeworfen werden, steht die Todesstrafe oder lebenslange Haft. Weil dem jungen Mann vor einem Bundesgericht der Prozess gemacht werden soll, muss US-Justizminister Eric Holder entscheiden, ob die Anklage dort die Todesstrafe fordert.

Reise in den Kaukasus

Die Ermittler waren den Brüdern durch Videoaufnahmen auf die Spur gekommen, die Überwachungskameras am Anschlagsort gemacht hatten. Bei der Suche nach einem Motiv hatte die US-Bundespolizei FBI vor allem eine sechsmonatige Kaukasus-Reise von Tamerlan Zarnajew im vergangenen Jahr unter die Lupe genommen. Dort könnte der ältere Bruder mit radikalen Islamisten in Kontakt gestanden sein. Die Behörden gehen aber davon aus, dass die Brüder den Anschlag allein geplant und ausgeführt haben.

Dschochar Zarnajew soll vor seiner Festnahme ein Bekennerschreiben an die Innenwand des Bootes gekritzelt haben, in dem er sich vor der Polizei versteckt hatte. Dabei soll er den Anschlag laut Anklageschrift als Vergeltung für die US-Militäreinsätze im Irak und in Afghanistan bezeichnet haben. "Wer einen Muslim angreift, greift alle Muslime an", habe der 19-Jährige geschrieben. Die Anleitung für den Bau der Bomben aus Schwarzpulver, Metallsplittern und Schnellkochtöpfen sollen sich die Brüder aus einem Online-Magazin des Terrornetzwerks Al-Kaida besorgt haben.

Die Staatsanwaltschaft hatte alle Opfer und ihre Familien eingeladen, dem ersten Gerichtsauftritt beizuwohnen. "Es ist wichtig für mich zu sehen, was passiert", sagte Liz Norden, deren zwei Söhne bei dem Bombenanschlag jeweils ein Bein verloren, der Zeitung "Boston Herald". "Ich möchte um meines Seelenfriedens willen dort sein." Auch eine Schwester sowie Freunde des Angeklagten kamen zu der Anklageverlesung. (APA, 10.7.2013)