Journalismus muss, erstens, schnell und effizient global agieren können. Das gilt für Geschichten über Geheimdienste genauso wie für Recherchen über Geheimgeschäfte in Steueroasen. Die "Offshore Leaks" können als beispielhaft gelten: An dieser Recherche hatten bekanntlich 86 Journalisten aus 46 Ländern zwischen Paraguay und Aserbaidschan gearbeitet, über 2,5 Millionen Dateien wurden (und werden – möglicherweise auch von Ihnen) ausgewertet.
Umfassende Vernetzung
Das kann nur funktionieren, wenn grenzübergreifende Zusammenarbeit nicht nur möglich, sondern strukturell vorbereitet ist. Der Initiator der "Offshore Leaks", das bereits 1996 gegründete "International Consortium of Investigative Journalists" (ICIJ), hat zahlreiche solcher Projekte durchgeführt, viele Preise gewonnen. Oder ProPublica, wo 36 Journalisten und Journalistinnen in Kooperation mit US-amerikanischen wie internationalen Medien ausschließlich an Investigativgeschichten arbeiten und damit bereits zwei Pulitzerpreise gewonnen haben. Sie zeigen – neben anderen wie dem Global Investigative Journalism Network, dem Center for Investigative Reporting oder Balcan Investigative Reporting Network (BIRN), dass grenzübergreifend und kooperativ agierender Journalismus in einer globalisierten Welt Verborgenes erfolgreicher aufdecken kann. International gibt es in 47 Staaten mehr als 100 Non-Profit-Netzwerke für globalen Investigativjournalismus, keines davon in Österreich.
Viele Daten
Journalismus muss, zweitens, Geschichten in riesigen Mengen von Daten finden können, in Daten aus unterschiedlichsten Regionen und zu verschiedensten Themen. Da können die großen Daten auch die Spur zur lokalen Geschichte zeigen. Wer den echten Datenjournalismus-Profis zuhört, ist erstaunt, wie viele Informationen sich in öffentlich verfügbaren US-Datenbanken zu europäischen Themen finden. Traditionelle Rechercheformen macht das nicht obsolet, sagt ICIJ-Direktorin Marina Walker Guevara im Zusammenhang mit Offshore-Leaks:
"This is not a data story. It was based on a huge amount of data, but once you have the name and you look at your documents, you can't just sit there and write a story (...) That's why we needed reporters on the ground. We needed people checking courthouse records. We needed people going and talking to experts in the field."
Die globalen Offshore-Ermittlungen hatten auch bei uns lokale Auswirkungen – den Rücktritt von RBI-Chef Herbert Stepic. Wo globale Datenspuren hinführen, finden sich lokale Geschichten. Journalisten und Journalistinnen müssen die Möglichkeit bekommen, ihnen zu folgen.
Wenig Sicherheit
Damit geht noch eine ganz andere Frage einher: Diejenige nach sicherer Kommunikation. Bei großen Kooperationsprojekten mit viel internationalem Datenaustausch ist deren Notwendigkeit offensichtlich. Relevanz wird sie für jede Form journalistischer Arbeit gewinnen. Journalismus braucht strukturelle Rahmenbedingungen, um sicher kommunizieren zu können. Angesichts der nun offensichtlichen Überwachung digitaler Kommunikation erstaunt es, dass darüber in redaktionellem Zusammenhang kaum diskutiert wird. Telepolis fragte in deutschen Redaktionen nach den Konsequenzen aus PRISM, Tempora und anderen Überwachungsprogrammen und kam zu dem Schluss: Kenntnis und Bewusstsein über Verschlüsselung von E-Mails und andere Sicherheitsmaßnahmen ist gering. "Die wenigen Antworten, die man überhaupt bekommt, strotzen vor Unkenntnis oder – gelinde gesagt – vor Ignoranz." Dabei sind die Basics vertraulicher Kommunikation leicht zu befolgen. Trainer und Berater Peter Berger schlägt zum Einstieg die Verwendung fünf einfacher Tools vor. Seiner Forderung muss man sich, drittens, anschließen: "Journalisten, schlagt den Daten-Schnüfflern ein Schnippchen!" (Daniela Kraus, derStandard.at, 11.7.2013)