Nur wer völlig hinter dem Mond lebt, ist überrascht von der Meldung, dass es außer dem "Einzelfall" (Ministerin Beatrix Karl über die Vergewaltigung eines 14-Jährigen mit einem Besenstiel) in der Jugendhaftanstalt Josefstadt noch weitere Fälle sexuellen Missbrauchs jugendlicher Häftlinge gegeben hat und gibt.

Die diesbezügliche Aussage der Ministerin dürfte eher weniger auf Unwissenheit beruhen, sondern auf einer gewissen konservativen Gesellschaftsbetrachtung: "Das ist halt amal so unter diesen Leuten ..." Noch nicht richtig aufgearbeitet ist aber die Frage, warum seinerzeit unter Justizminister Dieter Böhmdorfer der Jugendgerichtshof unbedingt aufgelöst und die Jugendhaft von ihrem damaligen Standort in die Josefstadt verlegt werden musste. Angesichts zahlreicher Bundesimmobiliendeals unter Schwarz-Blau ist die Frage interessant: Was ist mit dem ursprünglichen Gebäude in Erdberg geschehen? Die knapp 7000 Quadratmeter große Immobilie aus dem Jahr 1928 wurde 2006 um 5,7 Millionen an einen Immobilieninvestor versteigert und steht seither leer.

Zurück zur Frage der Jugendhaft selbst. Böhmdorfer erklärte in einer Parlamentsdebatte 2003, alles werde in der Josefstadt für die Jugendlichen praktisch das Paradies werden. Justizexperten erklärten jedoch noch vor dem Auffliegen des Besenstiel-Falles, es gebe "weniger Aktivitäten mit den Insassen, dafür mehr Missbrauch unter den Insassen". (Hans Rauscher, DER STANDARD, 11.7.2013)