Washington/Wien - Thomas Hoenig ist kein Freund der internationalen Bankenregeln aus Basel. Der Vorstandsvize der US-Einlagensicherung FDIC und ehemalige Notenbanker in der mächtigen US-Fed will die Daumenschrauben für die größten US-Geldhäuser stärker anziehen, als es die gängige Praxis à la Basel III vorsieht. Ihm gehen die internationalen Vorgaben, die von internationalen Notenbankern und Bankaufsehern erarbeitet wurden, zu wenig weit.

Denn für Hoenig ist eine Bank noch nicht ausreichend gesund, nur weil sie die neuen Regeln erfüllt: "Basel III bleibt mangelhaft, ohne zwingende Beschränkung für die Verschuldung der Banken", schreibt er in einer aktuellen Stellungnahme. In den USA werden Banken künftig daher Regeln erfüllen müssen, die doppelt so streng sind wie die internationalen Vorgaben. Statt einer "Leverage Ratio" von drei müssen die größten US-Banken künftig mehr als sechs Prozent erfüllen. Bei dieser Maßzahl für die Bankgesundheit wird das Eigenkapital zur Bilanzsumme in Relation gestellt.

Denn Hoenig und seinen Kollegen stößt die Praxis im Basel-Regelwerk auf, dass die Banken ihre Bilanz nach Risiko gewichten. Demnach gehen riskante Positionen stärker in die Bilanz ein als sichere - je weniger Risiko also auf der Bilanz schlummert, desto weniger Kapital müssen die Geldinstitute auch haben. Doch die Kalkulationen laden die Banken zu "Spielereien" ein, so Hoenig. Daher müssen die Großbanken, die von der Einlagensicherung erfasst sind, künftig die strengere "Leverage Ratio" erfüllen, bei der die Banken ihre Risiken nicht kleinrechnen können.

Mehr Kredit, mehr Kapital

Ein Rechenbeispiel verdeutlicht den Unterschied. Bei der laut Basel III geltenden "Leverage Ratio" von nur drei Prozent, dürfte ein Geldhaus mit drei Milliarden Euro Eigenmitteln eine Bilanzsumme von 100 Milliarden Euro haben. Mit einer Verschuldungsquote von sechs Prozent kann eine Bank mit derselben Eigenkapitaldecke nur noch eine Bilanz von 50 Milliarden stemmen. Sie kann dafür mehr Verluste verkraften.

Einige Banken wie Citigroup, JPMorgan oder Morgan Stanley erfüllen die strengeren Regeln bis dato nicht, sagen Bankanalysten. Sie müssten daher zwischen 13 und 16 Milliarden Dollar an Aktien begeben, um die höheren Kapitalpuffer zu erfüllen. Insgesamt könnten die acht größten Banken bis 2018 mehr als 90 Milliarden Dollar an frischem Kapital aufnehmen müssen. Auch die kleineren US-Banken (mit Bilanzsummen unter der Marke von 700 Milliarden Dollar) müssen nachbessern.

In den aktuellen Verhandlungen zum Freihandelsabkommen zwischen den USA und der Europäischen Union könnte die "Aktion scharf" der US-Aufseher ein Stolperstein sein. Denn die amerikanischen Verhandler wollen die Kapitel über die Finanzmarktregeln aus dem Abkommen heraushalten. Damit möchten sie ihre Regeln in aller Schärfe erhalten, etwa den Dodd-Frank-Akt. Die Europäer hingegen wollen die Finanzdienstleistungen lieber harmonisieren. Auch die US-Banken haben in diese Richtung lobbyiert. (Lukas Sustala, DER STANDARD, 11.7.2013)