Wien - Die Collage ist die Antwort auf die Komplexität unserer Tage. Mittels Cut & Paste werden aus Headlines ganze Weltbilder konstruiert. Das Zerschneiden kann aber auch - wie in der Kunst - Mittel zur Dekonstruktion, kritischen Analyse und Neuordnung sein. Diesen medien- und gesellschaftskritischen Zug haben Gabi Trinkaus' Collagen aus Hochglanzmagazinen und Werbeprospekten, mit denen sie 2004 begann.
Abgesehen hat es die Künstlerin (geb. 1966 in Graz) auf die Begierden und Sehnsüchte, die in Lifestyle-Zeitschriften gezüchtet werden. Die angepriesenen Ideale von Schönheit und Jugend oder teure Luxusgüter werden auf den ersten Blick jedoch nicht zerstört. Vielmehr baut Trinkaus diese Begehrlichkeiten aus kleinen Schnipseln nach. Genau das macht sie so perfide: Die Kritik besteht aus demselben Material, aus dem auch Träume und Schäume konstruiert werden. Auf den ersten schnellen Blick verortet man ihre Bildwelten in dasselbe Mode- und Schönheitsgenre, erst auf den zweiten offenbart sich die Brüchigkeit der Motive, die sich wie Narben auf den perfekt proportionierten Gesichtern ausnimmt - Zerstörung von innen heraus.
Ein Prinzip, das Trinkaus nun auch auf andere Bildwelten ausweitet: Ihre Pastoralen zerlegen Eigenheimfantasien, die ganz fantastisch gefertigten Stadtlandschaften die Frage nach privaten und öffentlichen Identitäten. Mit ihren neuen Hunde-Objekten (PRAD, Betty, Luca), die sie aus Lederhandtaschen "collagiert" hat, wechselt sie sogar ins Plastische. Das sei ihre Antwort auf die It-Bag, die als ständiger, treuer und insbesondere pflegeleichter Begleiter den Hund abgelöst hat. Entsprechend der Redewendung "Das Unbewusste ist ein Hund" sind ihre neuen Kreaturen für Trinkaus so etwas wie das Unbewusste der westlichen Konsumgesellschaft. (Anne Katrin Feßler, DER STANDARD, 11.7.2013)