Auf der Prager Burg wurde am Mittwoch die Regierung von Premier Jirí Rusnok angelobt. Staatspräsident Milos Zeman hatte seinen engen Berater beauftragt, nachdem die Mitte-rechts-Regierung von Petr Necas über eine Bespitzelungs- und Bestechungsaffäre gestürzt war. In den 20 Jahren der Tschechischen Republik ist es das erste Mal, dass eine Regierung ohne Zustimmung des Parlaments das Amt antritt. Zeman verweist jedoch auf die Verfassung, die ihm bei der Ernennung des Premiers freie Hand lässt.

Innerhalb von 30 Tagen muss das Kabinett im Abgeordnetenhaus die Vertrauensfrage stellen. Die konservativen Parteien haben angekündigt, mit Nein zu stimmen. Auch die Sozialdemokraten (CSSD) sind offiziell gegen das Kabinett Rusnok. Allerdings schwelt in der CSSD ein Richtungskampf zwischen Anhängern und Kritikern Zemans. Drei Mitglieder der neuen Regierung sind Sozialdemokraten, die ihre Parteimitgliedschaft erst kurz vor der Angelobung ruhend gestellt haben.

Heftige Kritik gibt es auch am neuen Finanzminister Jan Fischer. Der Expremier, der im Jänner selbst für das Amt des Staatspräsidenten kandidiert hatte, hat erst am Dienstag die letzten Schulden seines Wahlkampfs beglichen. Kurz davor waren Spenden in (Kronen-)Millionenhöhe auf sein Wahlkampfkonto geflattert.

"Großes Handicap"

Korruptionsvorwürfe weist Fischer zurück: "Die Namen meiner Spender sind allgemein bekannt. Es ist also ausgeschlossen, dass sie aus meiner Tätigkeit als Finanzminister irgendwelche Vorteile ziehen können." Radim Bures, der Direktor von Transparency International in Tschechien, spricht dennoch von einem "großen politischen Handicap".

Bereits nächste Woche beraten die Abgeordneten auf Antrag der CSSD über ein vorzeitiges Ende der Legislaturperiode. Sollte das Abgeordnetenhaus seine eigene Auflösung beschließen, wäre der Weg frei für Neuwahlen. Die dafür nötige Verfassungsmehrheit gilt derzeit jedoch als unwahrscheinlich. (Gerald Schubert aus Prag, DER STANDARD, 11.7.2013)