Mattuschka hat mit Qvid Tvm ihren ersten Langspielfilm (gemeinsam mit Reinhard Jud) realisiert. 

Foto: sixpackfilm

Wien - Die Augen würden den Bildern unsichtbare Tentakel entgegenstrecken und sich auf halber Strecke mit denjenigen der Bilder treffen, führt ein Kunsthistoriker in Qvid Tvm einmal aus. Ein Wahrnehmungsmodell des Philosophen Platon, das in Mara Mattuschkas Film nicht zufällig angerissen wird: Auch in ihrem künstlerischen Kosmos greifen Blicke, Körper und Bilder ineinander. Es geht um veränderliche Beziehungen zwischen Figuren, um die Haptik von Ausdrücken und Darstellungen, die mit starren Formen brechen und sich gerne auch einmal selbst genügen.

Mattuschka, bei Maria Lassnig ausgebildete Malerin und Filmemacherin, hat mit Qvid Tvm ihren ersten Langspielfilm (gemeinsam mit Reinhard Jud) realisiert, der mit gängigem Erzählkino freilich wenig gemeinsam hat. Schauplatz ist ein loftähnliches Gebäude, das von einer kontaktfreudigen Hausherrin (Sylvia Bra) geführt wird, die unter anderem ihre ledige Tochter Gucki (Sandra Bra) verkuppeln will. Die anderen Mieter sind allesamt handverlesen: eine SM-Dame, zockende Gangster, ein neunmalkluges Kind oder eine ganze Truppe spärlich bekleideter Tänzerinnen.

Qvid Tvm betont die Sonderstellung dieser exklusiven Wohnwelt einmal durch die Figur eines Kunstkurators - der muss nämlich draußen bleiben. Drinnen gibt es dafür viel Raum für Improvisation und Lebenskunst. Aus schrägen Kamerawinkeln folgt man einem eher lose zusammengefügten szenischen Reigen, der von Stimmübungen, über Pokerpartien mit expressiven Gesten, Sex im Freien bis zu diversen Formen von (Tanz-)Theater allerhand zu bieten hat. Gucki ist die Figur, die sich durch alles neugierig hindurchbewegt.

Qvid Tvm erreicht zwar nicht die Intensität von Mattuschkas Burning Palace - die Einzelteile bleiben hier ein wenig disparat nebeneinander stehen. Umgekehrt passt dies zu einem Haus, in dem jede Figur für sich, aber nicht ohne die anderen ihre performative Seite kennenlernt. (Dominik Kamalzadeh, DER STANDARD, 6./7.7.2013)