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"Abbruchreif" ist ein Gebäude derzeit dann, wenn die Instandsetzung einer Substanzveränderung von mindestens der Hälfte der vorhandenen Bausubstanz gleichkäme. Das soll sich in Zukunft ändern.

Foto: APA/Herbert Pfarrhofer

Die Stadt Wien überarbeitet derzeit ihre Bauordnung. Laut einem Entwurfspapier, das aus dem Büro von Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ) stammt und mit den Grünen bereits akkordiert ist, soll es dabei auch Maßnahmen geben, um Wohnungsspekulanten das Handwerk zu legen. Die neue Bauordnung wird demnach nämlich in Sachen "technischer Abbruchreife" massiv verschärft werden.

Derzeit ist der Abbruch eines Bauwerks dann anzuordnen, wenn die Instandsetzung einer Substanzveränderung von mindestens der Hälfte der vorhandenen Bausubstanz gleichkäme. Das entsprechende Gebäude ist dann "technisch abbruchreif"; selbst für Gebäude in Schutzzonen konnte so bisher relativ leicht ein behördlicher Abbruchauftrag erreicht werden. Diese Bestimmung wird nun dahingehend geändert, dass die quantitative Betrachtung entfällt und es somit schlicht keine "technische Abbruchreife" mehr geben werde.

"Baurechtlicher Geschäftsführer"

Neu ist auch, dass es künftig einen "baurechtlichen Geschäftsführer" für Bauvorhaben geben muss, um Übertretungen der Bauordnung effektiver verfolgen zu können. Juristische Personen, die als Bauführer auftreten oder selbständig Bauausführende sind, müssen künftig eine fachlich befugte Person zum "baurechtlichen Geschäftsführer" bestellen und der Behörde bekannt geben.

Diese Person wird für die Einhaltung der Bauvorschriften verantwortlich sein, muss deshalb über die nötigen fachlichen Kenntnisse und die nötige Anordnungsbefugnis verfügen sowie ihrer Bestellung zugestimmt haben. Durch diese Maßnahme soll Fällen vorgebeugt werden, wo es zu Verwaltungsstrafverfahren gegen bloß gewerberechtliche Geschäftsführer kam, diese aber baurechtlich nicht zur Verantwortung gezogen werden konnten.

Widmungskategorie "förderbarer Wohnbau"

Manche Punkte aus dem Papier sind schon bekannt, weil über sie schon länger debattiert wird und Stadtrat Ludwig sie auch schon angekündigt hatte - etwa der Wegfall der für Bauträger sehr teuren Verpflichtung, "Notkamine" zu bauen.

Außerdem soll nun die ebenfalls schon länger diskutierte Widmungskategorie "förderbarer Wohnbau" kommen. Sie soll helfen, die stark steigenden Grundstückskosten einzudämmen und Baugrund zu mobilisieren. Kriterien sollen dabei vor allem bautechnischer Natur sein und sich an die Spezifikationen in der Wohnbauförderung anlehnen, etwas was Wärmeschutz und zulässige Materialien betrifft, aber auch eine Nutzflächenbeschränkung pro Wohneinheit.

Befristete Widmungen

Durch die Möglichkeit, die Widmung "Bauland" nur befristet festzulegen, soll künftig auch verhindert werden, dass Grundflächen mit Baulandwidmung von ihren Eigentümern "gehortet" werden, dass sie also nicht oder nicht sofort bebaut werden. Wenn die Baubewilligung erlischt und noch nicht mit dem Bau begonnen wurde, verfällt auch die Widmung.

Erleichtert werden sollen hingegen Dachgeschoßausbauten. Wird ein Dachgeschoß für Wohnzwecke per sogenannter "Ansteilung" ("Aufklappung") des bestehenden Daches ausgebaut, soll dies künftig nicht mehr als "Zubau", sondern als "Änderung von Bauwerken" klassifiziert werden. Dadurch werde es künftig möglich sein, einen Dachgeschoßausbau im Einklang mit dem aktuellen Bebauungsplan zu machen. Freilich müssen solche Ausbauten weiterhin auch von der MA 19, die für das Stadtbild zuständig ist, genehmigt werden.

Auch Balkone leichter möglich

Die Schaffung von Balkonen soll ebenfalls wesentlich erleichtert werden. Sie sollen künftig auch unter Einhaltung gewisser Sicherheitsbestimmungen über die Baulinie hinaus über Verkehrsflächen ragen dürfen.

Ähnliches gilt für die Neuerrichtung von Aufzügen zur barrierefreien Erschließung bestehender Gebäude. Sie sollen künftig auch dann bewilligt werden können, wenn sie über eine Baufluchtlinie in eine gärtnerisch auszugestaltende Fläche ragen.

Wärmedämmung bis 20 cm über Fluchtlinien

War es bisher außerdem nur möglich, Wärmedämmungen bis zu 16 cm über Fluchtlinien und in Abstandsflächen vorragen zu lassen, soll dies künftig bis zu 20 cm möglich sein. Darüber hinaus soll eine Vergrößerung der Gebäudehöhe um nicht mehr als 20 cm durch die nachträgliche Anbringung einer Wärmedämmung auf dem Dach zulässig sein.

Ein Gestaltungskonzept für die gärtnerisch auszugestaltenden Flächen eines Bauplatzes soll außerdem künftig nicht nur ab Bauklasse III (max. Gebäudehöhe 16 Meter), sondern auch schon bei Bauklasse II (max. Höhe zwölf Meter) verpflichtend vorgeschrieben werden.

Bauträger zufrieden

Wiener Bauträger zeigen von dem Papier "positiv überrascht". Hans Jörg Ulreich, Bauträger-Sprecher in der Wiener Wirtschaftskammer, nennt den Entwurf gegenüber derStandard.at "erfolgversprechend". Es sei "positiv, dass Kritikpunkte aufgenommen und in der Folge auch umgesetzt wurden".

In den Details sei freilich noch darauf zu achten, "dass auch die Nebengesetze wie zum Beispiel das Garagengesetz entsprechend den Bedürfnissen der Stadt und der Bewohner angepasst werden". Bekanntlich ist die mittlerweile vielkritisierte "Stellplatzverpflichtung" im Garagengesetz geregelt, dieses soll laut einem Sprecher von Wohnbaustadtrat Ludwig aber mit der Bauordnung gemeinsam geändert werden. Es laufen noch Verhandlungen.

Der Entwurf für die neue Bauordnung geht nun in interne, anschließend in externe Begutachtung und sollte im Herbst im Landtag behandelt werden. In Kraft treten könnte die neue Bauordnung dann zum Jahreswechsel. (Martin Putschögl, derStandard.at, 9.7.2013)