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Die Österreicher geben für Drogerieware und Kosmetik mehr als vier Milliarden Euro aus. 16 Prozent der Artikel sind Eigenmarken.

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Wien - Nur kurz keimte in Vordernberg die Hoffnung auf, mit Dayli einen Nahversorger in der kleinen steirischen Gemeinde zu erhalten. Doch die Regale blieben leer, und an eine glückliche Wende glaubt in dem engen Talschluss heute keiner mehr. Bürgermeister Walter Hubner hält den Verlust dennoch für verschmerzbar. "Jeder Arbeitsplatz weniger ist tragisch." Für kleine Einkäufe müssten seine Vordernberger dennoch nicht mehr kilometerweit bis in die nächste Gemeinde fahren. Sie retteten über einen Verein einen Nah & Frisch-Laden. Und dieser werde nun zunehmend die Sortimente von Dayli übernehmen.

"Kurz haben auch wir gedacht, alles wird besser", sagt Hans Peter Bock, Bürgermeister von Fließ mit 3000 Einwohnern. Was sich nicht bewahrheitete. Dass das Dayli-Geschäft nicht ins Laufen kam, belastet ihn heute jedoch nicht mehr: Künftig sorgt M-Preis für die Nahversorgung der abgelegenen Tiroler Gemeinde. Die Lebensmittelkette versprach einen Mini-Markt.

Wachsen in fremden Gefilden

Österreichs Handel hat die anhaltende Schwäche des früheren Schlecker-Reichs längst für sich genutzt. Vor allem Lebensmittelriesen wie Rewe oder Spar haben ihr Drogeriesortiment kräftig ausgebaut. Die Branche hat ihre Anteile am Parfümerie- und Drogerieeinzelhandel allein im Vorjahr von 34,2 auf 36,7 Prozent erhöht, rechnet Regioplan-Marktforscher Michael Oberweger vor - "heuer geht diese Entwicklung weiter".

Ihr Glück in fremden Gefilden suchen auch Apotheker, denn die höchsten Margen liegen nun einmal in vielversprechenden Tiegelchen für Pflege und Schönheit.

Die Industrie schuf, um die Abhängigkeit vom Einzelhandel zu mildern, ihre eigenen Vertriebskanäle. Der französische Kosmetikkonzern Yves Rocher etwa mit seinen franchisegeführten Fachgeschäften, deren es in Österreich 17 gibt. Oder der Marktriese L'Oréal mit dem Einstieg bei Body Shop. Bis zu 50 Standorte schwebten der einst britischen Kette in den 90er-Jahren in Österreich vor. Geworden sind es 16, die freilich wie L'Occitane in ihrer Nische eine treue Klientel bedienen.

Letztere hat einen Vorarlberger in der Provence zum Milliardär gemacht: Reinhold Geiger schuf aus dem ehemals verlustreichen Unternehmen mit Cremes und Parfums eine weltweit wachsende gesunde Kosmetikkette.

Ihre Marktanteile liegen in Österreich freilich weit unter fünf Prozent. Auch Douglas und Marionnaud kommen darüber nicht hinaus. Douglas ist Europas führende Parfümeriekette. Ihre Eigentümer, Familie Kreke und der Finanzinvestor Advent, stellten ihr jüngst eine halbe Milliarde Euro für die Expansion zur Verfügung. Sie gilt nun als heißer Favorit für den Erwerb des französischen Rivalen Nocibe. Auch Marionnaud ist in französischer Hand. Ihre Bilanzzahlen in Österreich sehen trist aus, die Geschäftsführung erklärt die zuletzt 53 Millionen Euro Verlust aber mit internationalen Verflechtungen: Der Ertrag in Österreich sei in den vergangenen Jahren zweistellig gewachsen, erläutert ein Sprecher.

Keine Klagen bei Marktriesen

Auch die großen drei des Marktes haben nichts zu klagen: Rewe-Tochter Bipa, Dm und Müller erhöhten ihre Umsätze 2012 laut Regioplan um 5,6 Prozent. Eminenz hinter DM ist der Deutsche Götz Werner. Der Gründer der Handelskette hält nichts von Boni und Dividenden und verficht das bedingungslose Grundeinkommen.

Sein Konkurrent Erwin Müller geriet jüngst durch verlustreiche Währungsspekulationen in die in- ternationalen Schlagzeilen. Was den ansonst verschwiegenen 80-jährigen Konzernchef zur Verlautbarung veranlasste, er habe seine Finanzen trotzdem im Griff. Seine Handelshäuser besetzen beste Innenstadtlagen und saugten Sortimente von Haushaltsware, Multimedia bis zu Spielzeug auf. 61 Filialen zählt er in Österreich aktuell, "wir expandieren hier laufend weiter", sagt seine Sprecherin.

André Le Duigou ist auf Erwin Müller nicht gut zu sprechen. Der Vorarlberger baute mit seiner Familie 35 Jahre lang die gleichnamige Kosmetik- und Parfümerie- kette auf. Bis er Müller 51 Prozent verkaufte, in der Hoffnung auf ei- nen finanzstarken Partner für die Expansion. "Doch die Differenzen begannen schon am ersten Tag."

Le Duigou widerstrebte die Personalpolitik der Deutschen, er ortete qualitative Rückschritte und sah im Verkauf rein über den Preis keinen Weg für Fachbetriebe. Der Konflikt führte bis an die Gerichte. Letztlich verkaufte er ganz, "obwohl dies nie in meinem Sinne gewesen war". Zwei Jahre später beginnt Le Duigou nun von neuem.

Vor drei Monaten hat er in Dornbirn ein exklusives Fachgeschäft eröffnet - und bereitet in den Städten rundum bereits die nächsten vor. "Die Resonanz darauf ist gut." Zwischen all den riesigen Filialisten schätzen die Konsumenten kleine Einheiten, ist er sich sicher. "Der Markt für Beratung ist sträflich wegrationalisiert worden - ihn gilt es wieder aufzubauen." (Verena Kainrath, DER STANDARD; 6.7.2013)