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Crowdfunding ist eine Schwarmfinanzierung. Die Idee: Mit vielen kleinen Fischen kommen auch größere Beträge zusammen.

Foto: EPA/Sabangan

Wien - Auf der Mariahilfer Straße im sechsten Wiener Gemeindebezirk schwärmen die jungen Mitarbeiter der Crowdfunding-Plattform Conda bereits aus. Auf Flyern wird um die Finanzierung von Wohnwagons geworben. Kleinanleger können zwischen 100 und 3000 Euro investieren, die Rendite soll bei jährlich vier Prozent liegen.

Noch ist Crowdfunding in Österreich aber eher ein Randphänomen. Pro Projekt dürfen nämlich maximal 100.000 Euro über diese alternative Finanzierungsschiene aufgetrieben werden. Unternehmen, die mehr Kapital brauchen, müssen ein von Wirtschaftsprüfern genehmigtes Prospekt auflegen, in dem über die Risiken informiert wird. Die Kosten dafür liegen schnell bei 25.000 Euro oder höher, was für kleine Unternehmen zu teuer ist.

Mehr Spielraum

Künftig wird den Betrieben etwas mehr Spielraum eingeräumt. Nach monatelangen Verhandlungen haben sich SPÖ und ÖVP am Freitag im Parlament auf die neue Prospektgrenze von 250.000 Euro geeinigt. Das ist freilich noch immer deutlich weniger als von Wirtschaftsvertretern gefordert. Die Wirtschaftskammer wollte die volle Informationspflicht ursprünglich erst ab fünf Millionen Euro, zuletzt waren 750.000 Euro im Gespräch.

Innerhalb der SPÖ hat vor allem die Arbeiterkammer gegen hohe Grenzen mobilisiert. Mit dem jetzigen Kompromiss könne man aber leben, sagte Silvia Angelo, Abteilungsleiterin für Wirtschaftspolitik in der Arbeiterkammer zum Standard. Es brauche aber noch eine klare Regulierung der Internet-Plattformen.

Mit diesen Fragen wird sich aber erst die nächste Koalition beschäftigen. Auf mehr als den jetzigen Minimalkompromiss konnten sich Rot und Schwarz nämlich im Parlament nicht einigen. Die Regierung wurde aber aufgefordert, eine weitere Lockerung des Gesetzes zu prüfen. Konkret soll untersucht werden, ob die Investitionssumme bei Klein- und Mittelbetrieben nicht auf 750.000 Euro angehoben werden kann, wenn eine Prüfung durch die staatliche Förderbank AWS (Austria Wirtschaftsservice) stattfindet. Der Vorteil: Das wäre wesentlich billiger als eine Prospektprüfung durch eine Investmentbank oder einen Wirtschaftsprüfer.

Auch bei Gemeinden und NGOs werden Sonderregelungen ins Auge gefasst. So wird bei den Kommunen untersucht, ob nicht die Prüfung durch die Gemeindeaufsicht ausreichend ist, um bis zu 750.000 bei Kleinanlegern einsammeln zu können. In der Praxis geht es vor allem um die Beteiligung an lokalen Solarkraftwerken.

Dem Auslöser der Crowdfunding-Debatte, dem Waldviertler Schuherzeuger Heinrich Staudinger, hätte die jetzige Reform nichts gebracht. Er hat bei Kleinanlegern drei Millionen Euro eingesammelt und war zu einer Geldstrafe verdonnert worden. Staudinger: "Das Parlament hat kleine Brötchen gebacken, damit werden wir den dringend nötigen Wandel nicht schaffen.

Bankennotfallpläne

Beschlossen wurde am Freitag auch der erste Schritt in Richtung Bankeninsolvenzrecht. Banken müssen künftig Sanierungs- und Notfallpläne erstellen. Ebenfalls fixiert wurde die Reform der staatlich geförderten Zukunftsvorsorge, die zu einem Absenken der Aktienquote führt. (Günther Oswald, DER STANDARD; 6.7.2013)