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Im Genom von Knut und anderen Bären fanden Forscher Spuren von Retroviren, die in die Frühzeit der Bären-Evolution zurückreichen.

Foto: APA/dpa

Saarbrücken - Zeit seines Lebens war der Eisbär Knut im Berliner Zoo vor allem ein Medienphänomen gewesen. Als er 2011 starb, wurde als vermutliche Todesursache eine infektionsbedingte Entzündung des Gehirns festgestellt. Danach wurden Gewebeproben für weitere Analysen herangezogen. Dabei stießen Forscher unter anderem auf eine Gruppe endogener Retroviren, die sich vor langer Zeit im Bären-Genom eingenistet haben müssen, wie die Universität des Saarlandes berichtet.

Endogene Retroviren (ERV) sind Viren, die sich einst in das Genom von Keimzellen ihres Wirts eingebaut haben. Sie werden von Generation zu Generation weitervererbt und können auch im Genom neuer Arten, die sich aus der ursprünglichen Wirtsspezies entwickeln, bestehen bleiben - was sie nicht zuletzt für die Evolutionsforschung interessant macht. "Solche von Retroviren abstammenden Sequenzen machen etwa acht Prozent des menschlichen Erbguts aus", sagt Jens Mayer vom Institut für Humangenetik an der Universität des Saarlandes.

Am Ursprung der Bären

Zusammen mit Kollegen vom Berliner Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) hat Mayer DNA-Sequenzen von Eisbären und Großen Pandabären genauer untersucht. Innerhalb der Familie der Bären liegen diese beiden Arten genetisch gesehen so weit auseinander, wie es geht. Gemeinsamkeiten im Erbgut  wie etwa das Vorhandensein derselben ERV müssen also weit zurück in der Bären-Evolution liegen.

"Wir haben hierbei die Abschnitte des endogenen Retrovirus bei beiden Bärenarten charakterisiert und dabei zum Beispiel eine starke Ähnlichkeit der Sequenzen festgestellt, was auf eine enge Verwandtschaft hindeutet", sagt Mayer. Auch bei weiteren Bärenarten wie dem Braun-, Schwarz- und Brillenbär konnten die Forscher solche Sequenzen nachweisen. "Mit molekularen Datierungsmethoden haben wir anschließend herausgefunden, dass sich das Retrovirus vor ungefähr 45 Millionen Jahren in das Erbgut eines Vorfahrens heutiger Bärenarten integriert hat", sagt IZW-Forscher Alex Greenwood. 

Das liegt tatsächlich weit in der Entwicklungsgeschichte der Bären zurück: Die ältesten bislang bekannten eindeutigen Bärenfossilien sind weniger als 40 Millionen Jahre alt, es handelte sich um kleinwüchsige Tiere, die eher wie heutige Waschbären aussahen. Wenn man noch weiter zurückgeht, gelangt man zu den gemeinsamen Vorfahren von Bären, Mardern, Robben und Hunden.

Verwandte Retroviren bei anderen Säugetieren

Außerdem haben die Forscher gezeigt, dass das damals vorkommende Retrovirus eng verwandt mit denen ist, die im Genom von Fledermäusen und Rindern zu finden sind. Zudem weisen ERV starke Ähnlichkeit mit verschiedenen im menschlichen Erbgut vorkommenden endogenen Retroviren auf. Einige Sequenzen davon werden in Zusammenhang mit der Entstehung von Krebs, neurodegenerativen Krankheiten oder Autoimmunerkrankungen gebracht. (red, derStandard.at, 5. 7. 2013)