Manches neue Gesetz gilt als Weichenstellung: wenn es in dem Bereich, das es regelt, Substanzielles verändert. Andere Novellen lassen das meiste beim Alten, sodass die Richtung im Grunde gleich bleibt. Und dann gibt es noch gesetzliche Neuerungen, die trotz gleich bleibenden Kurses Änderungen bedingen - weil sie den realen Herausforderungen nicht gerecht werden, sodass sich in ihrem Windschatten Probleme anzuhäufen drohen.

Das neue Staatsbürgerschaftsgesetz, das im August in Kraft treten soll, gehört zu letzterer Kategorie. Trotz punktueller Verbesserungen, etwa für behinderte Einbürgerungswerber, gibt es gleich bleibende Antworten auf Fragen, die in einer Migrationsgesellschaft substanziell sind.

Etwa auf die Frage, welche Neoösterreicher erwünscht sind; Antwort laut Novelle: die gebildeten und assimilationsfähigen. Oder auf die Frage, was mit Einwanderern geschehen soll, die weniger gebildet sind - oder weniger Glück hatten - und daher arm geblieben sind. Antwort: Sie sollen auch künftig keine Österreicher werden.

Das ist eine elitäre Herangehensweise, die die Handschrift der ÖVP trägt: mit der Folge, dass die Einbürgerungszahlen künftig so niedrig bleiben werden wie zuletzt - und dass es bald einer neuerlichen Novelle bedürfen könnte: wenn der Verfassungsgerichtshof die mit der Novelle nur unzureichend reparierten Regelungen für uneheliche Kinder und Bezieher kleiner Einkommen aufhebt. (Irene Brickner, DER STANDARD, 5.7.2013)