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Die Präsidentenmaschine beim Abflug aus Las Palmas auf Gran Canaria

Foto: AP Photo/Andres Gutierrez

Er kenne keinen Snowden, sagte Morales vor einem Gespräch mit Heinz Fischer.

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Den Namen ließ er sich aufschreiben, die Bedeutung der Nummer darunter ist unklar.

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Besonders raffiniert wollte der spanische Botschafter vorgehen: Ob er wohl mit dem bolivianischen Präsidenten einen Kaffee in dessen Flugzeug trinken könnte, fragte er. Den Wunsch nach einem diskreten Umblicken nach US-Aufdecker Edward Snowden inklusive.

So deutete es zumindest Evo Morales, der auf Wahrung des internationalen Rechts beharrte und sagte: Kaffee gerne, getrunken werde der aber auf dem Flughafengelände in Wien. Dort musste die Maschine des Präsidenten in der Nacht zum Mittwoch nämlich einen außerplanmäßigen Stopp einlegen.

Der Grund: Südamerikaner stehen bei den USA und ihren Verbündeten derzeit offenbar unter Generalverdacht, dem Whistleblower Edward Snowden Asyl gewähren zu wollen. Das führte am Mittwoch zu einem verwirrenden Spiel um Evo Morales.

Luftraum gesperrt

Der hatte in Moskau an einer Energiekonferenz teilgenommen. Von dort aus wollte er über Frankreich und Portugal zurück nach Bolivien fliegen. Doch der Weg war auf einmal versperrt: Nach Angaben Boliviens sollen Italien, Frankreich, Spanien und Portugal ihren Luftraum für die Präsidentenmaschine gesperrt haben.

Gerüchte waren in die Welt gesetzt worden, wonach Morales den gesuchten Snowden an Bord seiner Maschine geschmuggelt haben soll. Boliviens Außenminister David Choquehuanca reagierte auf diese Behauptung empört: "Ich weiß nicht, wer diese Riesenlüge erfunden hat."

Flughafenpolizei durchsucht Maschine

Mittlerweile dementierten allerdings sowohl das französische als auch das spanische Außenministerium, den Überflug der Präsidentenmaschine verhindert zu haben. Der spanische Außenminister José Manuel García-Margallo versicherte, dass Spanien der Maschine "keinesfalls" einen Zwischenstopp verweigert habe. Außerdem sei "nicht wahr", dass Madrid eine Untersuchung des Flugzeugs gefordert habe, wie Morales das behauptet.

Eine Landung in Schwechat stellte jedenfalls kein Problem dar: "Wenn der bolivianische Präsident um Landeerlaubnis in Wien bittet, dann werden wir das erlauben", betonte Außenminister und Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP). Durchsucht wurde das Flugzeug trotzdem, und zwar von der Flughafenpolizei in Form einer sogenannten "freiwilligen Nachschau" - zu der sowohl Morales als auch der Pilot ihre Zustimmung geben mussten.

"Akt der Aggression"

Insgesamt elf Insassen - fünf Crew-Mitglieder und sechs Fluggäste - seien mit der Maschine nach Wien gekommen, Snowden war nicht darunter. Aus dem Innenministerium hieß es, es habe "keine Durchsuchung" gegeben, dazu hätte die rechtliche Grundlage gefehlt. Probleme dürfte das Verhalten trotzdem bringen: Der UN-Botschafter Boliviens in Genf, Sacha Llorenti Soliz, beschuldigte Österreich, den bolivianischen Präsidenten Evo Morales "gekidnappt" zu haben.

Bolivien werde wegen der Untersuchung Klage bei der Uno einreichen. Österreich habe mit dieser Aktion einen "Akt der Aggression" begangen und das Völkerrecht verletzt, sagte Soliz.

Konsens zur "Nachschau"

Spindeleggers Sprecher, Alexander Schallenberg sagte dazu am Nachmittag, es habe einen Konsens mit Bolivien zur "freiwilligen Nachschau" gegeben. "Sonst hätten wir das auch nie gemacht". Der österreichische Botschafter in Genf sei daher gebeten worden, seinen Kollegen aus Bolivien darüber in Kenntnis zu setzen.

Ohne Zustimmung Boliviens wäre eine Durchsuchung der Maschine jedenfalls nicht möglich gewesen. "Präsidentenflugzeuge sind durch die Staatenimmunität geschützt. Man darf sie genauso wenig durchsuchen, wie man den Präsidenten durchsuchen darf", sagte der Wiener Völkerrechtler Manfred Nowak zum Standard.

Diplomatische Unstimmigkeiten dürfte es am Flughafen jedenfalls nicht gegeben haben: So sagte Bundespräsident Heinz Fischer, Morales habe ihn gebeten, "der Republik Österreich und den österreichischen Behörden seinen großen Dank für die Gastfreundschaft und für die ausgezeichnete und korrekte Behandlung während des ungeplanten Zwischenaufenthalts auszudrücken".

Fischer war von Morales, der ihn "als Freund betrachtet", um 7.45 Uhr telefonisch kontaktiert worden. Er habe ihm gesagt, dass er sich am Flughafen Schwechat befinde, weil "der Luftraum über europäische Länder (...) für seine Maschine gesperrt wurde und er die weiteren Entwicklungen in Wien abwarte". Fischer fuhr in der Früh zu ihm und nutzte die Gelegenheit "für einen Gedankenaustausch". Nachdem alle Fluggenehmigungen eingetroffen waren, setzte Morales seinen Flug fort.

Unterdessen appelliert Wikileaks-Gründer Julian Assange an die EU als Träger des Friedensnobelpreises 2012, Snowden aufzunehmen. Die EU müsse "ihren Willen unter Beweis stellen, die Informationsfreiheit zu verteidigen, was auch immer die Sorgen vor politischem Druck seitens ihres ,besten Verbündeten' USA sind", schrieb Assange in der französischen Le Monde. Die EU-Staaten seien Snowden wegen seiner Enthüllungen über die Spionagetätigkeit des US-Geheimdienstes NSA "zu Dank verpflichtet". (mesc, nik, DER STANDARD, 4.7.2013)