Ein deutscher Wissenschafter am Frankfurter Universitätsklinikum hat einen Antikörper entdeckt, der dazu in der Lage ist, die Ausbreitung von Hirntumoren einzuschränken. Die Entdeckung könnte sich als vielversprechender Ansatz einer Therapie von Glioblastomen erweisen

Glioblastome sind die häufigsten bösartigen Hirntumore bei Erwachsenen. Die Heilungschancen für Betroffene sind bisher sehr schlecht. Die Überlebensrate der Patienten, bei denen ein Glioblastom diagnostiziert wurde, liegt nach drei Jahren bei unter 20 Prozent. Florian Andreas Geßler (28), Assistenzarzt in der Klinik für Neurochirurgie am Frankfurter Universitätsklinikum, hat nun im Rahmen seiner Doktorarbeit herausgefunden, dass das Protein mit dem Namen Tissue Factor (TF) für das Tumorwachstum mitverantwortlich ist. Auf dieser Grundlage konnte er auch einen Antikörper identifizieren, durch den das Tumorzellwachstum deutlich reduziert werden kann.

Wegen des unkontrollierten Wachstums der Glioblastome ist das Verständnis der molekularen Prozesse von Zellvermehrung und -invasion für eine wirksame Therapie notwendig. Es ist bekannt, dass das Protein TF die Blutgerinnung mit auslöst und damit eine für den Körper wichtige Funktion bei Verletzungen erfüllt. Demgegenüber konnte aber in vorherigen Studien auch eine zentrale Rolle von TF bei der Ausbreitung verschiedener Tumoren nachgewiesen werden. Geßler hat in seiner Arbeit konkret den Einfluss von TF auf das Verhalten von Hirntumoren untersucht.

Signalübertragung als Ansatzpunkt

Für die Ausbreitung von Tumoren – wie bei vielen anderen Veränderungen der Zellen auch – sind sogenannte Signale notwendig, durch die zelluläre Veränderungsprozesse erst in Gang gesetzt werden. In der Forschungsarbeit konnte nachgewiesen werden, dass TF eine wesentliche Funktion in der Signalübermittlung von Hirntumorzellen hat und daher zu einer Vermehrung von Tumorwachstum, -zellbewegung und -invasion führt. Darüber hinaus konnte Geßler zeigen, dass die Proteine PAR-2 und beta-Arrestin 1 wesentlich an der durch TF vermittelten Signalübertragung beteiligt sind und wichtige Funktionen in der Entwicklung der Tumoren besitzen.

Auf dieser Grundlage wurde ein Antikörper eingesetzt, der die Signalübermittlung von TF hemmt, gleichzeitig jedoch die wichtige Gerinnungsinitiierung von TF nicht beeinträchtigt. Mit dem Antikörper behandelte Glioblastomzellen zeigten in der Folge eine deutlich reduzierte Tumorzellbewegung sowie -invasion und auch das Tumorzellwachstum war reduziert. Die Unterdrückung der TF-Signale mit Hilfe eines Antikörpers stellt also einen vielversprechenden Ansatz zur Therapie der bösartigen Hirntumore dar. Für diese Arbeit hat Florian Andreas Geßler den Förderpreis des Burse e.V. für herausragende wissenschaftliche Leistungen erhalten. (red, derStandard.at, 02.07.2013)