Listerienbakterien rufen Listeriose hervor. Diese Vergiftung kann tödlich verlaufen, wie der Lebensmittelskandal um verseuchten Quargel 2010 zeigte.

Foto: CDC

Werden Lebensmittel von Bakterien oder Viren befallen, kann das schwerwiegende Folgen haben: wirtschaftliche für die Produzenten, gesundheitliche für die Konsumenten. Ein besonders aufsehenerregender Fall war die EHEC-Epidemie 2011 in Deutschland, aber auch in Österreich haben verseuchte Lebensmittel immer wieder tödliche Folgen. Von 2009 bis 2010 starben sieben Personen nach dem Verzehr von kontaminiertem Quargel an den Folgen einer Bakterieninfektion.

Das neu eröffnete Christian- Doppler-Labor "Monitoring mikrobieller Kontaminanten" an der Vetmed-Uni Wien entwickelt nun Methoden, um Kontaminationen zuverlässiger und schneller nachzuweisen. Ziel ist ein effizienteres Biomonitoring von Pilzen, Bakterien und Viren in den Lebensmitteln selbst, aber auch im größeren Produktionsumfeld.

Neue Analysemethoden

Das Team um Peter Rossmanith am Institut für Milchhygiene entwickelt in Zusammenarbeit mit mehreren Unternehmen neue molekularbiologische Analysen, die direkt die DNA - die spezifische Erbinformation der Keime - nachweisen können. Traditionelle Lebensmittenanalysen sind auf die schwierige Kultivierung der jeweiligen Mikroorganismen im Labor angewiesen. Kann ein Erreger nicht im Labor vermehrt werden, ist sein Nachweis allerdings nahezu unmöglich.

Im Gegensatz dazu kann die neuentwickelte direkte DNA-Analyse auf praktisch alle Lebensformen angewandt werden. Die molekulare Technik soll darüber hinaus verlässlicher und sehr sensibel sein, schon geringste Kontaminationen seien nachweisbar. Eine Schlüsselrolle in den neuen Verfahren spielen ionische Flüssigkeiten. Dies sind flüssige Kristalle, die gezielt in ihren chemischen Eigenschaften modifiziert und dadurch für die jeweilige Anwendung optimiert werden können.

Obwohl schon vor mehr als hundert Jahren entdeckt, wurde ihr Potenzial für molekularbiologische Anwendungen erst kürzlich erkannt. Sie ermöglichen durch ihre spezielle Zusammensetzung erstmals die Gewinnung von lebenden Keimen und eine fast hundertprozentige Ausbeute von DNA aus den Lebensmittelproben - eine Voraussetzung für den genauen Nachweis. Da die Verbindungen mehrmals wiederverwendet werden können, kann man ihren Einsatz auch als umweltfreundlich bezeichnen.

Weitere Forschungsbereiche des Labors sind die Anwendung von ionischen Flüssigkeiten zur Desinfektion und die Entwicklung von neuen Probenahmeverfahren, die schädliche Keime auch im unmittelbaren Produktionsbereich von Lebensmitteln nachweisbar machen.

Die Anwendungen der neuentwickelten Methoden sollen durchaus vielfältig sein. "Die chemische Zusammensetzung von Lebensmitteln wie Milch oder Käse ist von Natur aus äußerst komplex. Schafft man es, Lebensmittel zu analysieren, ist ein Einsatz der neuen Methodik in Biotechnologie und Pharmazie ebenso möglich", sagt der neue Laborleiter Rossmanith.

Bei der Eröffnung betonte Sonja Hammerschmid, Rektorin der Vetmed-Uni, die Rolle der Veterinärmedizin für Verbraucherschutz und sicheres Essen. Lebensmittelsicherheit gehöre zu den Kernkompetenzen der Vetmed-Uni Wien, die durch ihre Expertise alle Stufen der tierischen Nahrungsmittelerzeugung - Stichwort "Vom Stall auf den Tisch" - abdecken könne. "Unser gesellschaftlicher Auftrag ist es, das an der Universität generierte Wissen sowohl an unsere Studierenden, aber auch an die Wirtschaft weiterzugeben. Nur so kommen wir alle in den Genuss von gesundem Essen." (Julia Riedl, DER STANDARD, 3.7.2013)

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Wissen: Forschen mit Brückenschlag

"Monitoring mikrobieller Kontaminanten" ist das bereits vierte Christian-Doppler-Labor an der Vetmed-Uni Wien. Wie jedes andere der derzeit 66 Doppler-Labors dient es zur Förderung von anwendungsnaher Grundlagenforschung und als Brückenschlag zwischen Universitäten und Wirtschaft.

Alle Labors bestehen mit Zwischenevaluation maximal sieben Jahre und werden vom Wirtschaftsministerium, von der Nationalstiftung und von den jeweiligen Industriepartnern finanziert, die an der Verwertung der Erkenntnisse interessiert sind. Im vorliegenden Fall sind dies vier Firmen aus drei Ländern: Berglandmilch (Österreich), Merck (Deutschland) und Leu Anlagenbau (Schweiz) und VTUengineering (Österreich).

Die Doppler-Gesellschaft erwartet heuer erstmals 70 genehmigte Labors. (max)