Dieser Krimi ist wie eine Stadtrundfahrt: Jean Reno klärt am Eiffelturm auf. "The Cop", 22.00 Uhr, ORF 1.

Foto: ORF/ATLANTIQUE PRODUCTIONS/Huma Rosentalski

Schon bei der ersten Leiche steht fest: Dieser Cop ist ein Genie. Ein Toter auf dem Platz vor Notre-Dame, vom Mörder keine Spur, aber Kommissar Jo liest aus dem Leichnam wie aus einem Buch: "Seine Augen sind auf den Engel da oben gerichtet." - "Sein Gehör wurde zerschmettert, damit er die Trompeten nicht hört." - "Das ist ein Zeichen des Mörders. Hier geht es um Rache."

Dass diese Entdeckung am Anfang der ersten Folge von "The Cop - Crime Scene Paris" steht, ist zu erwähnen. Denn für gewöhnlich handelt es sich diesen Erkenntnissen um die in Krimis gern genutzten überraschenden Hinweise, die zu guter Letzt zur Ergreifung des Täters führen. Hier ist es anders. Diese Kunst, die Beweisführungskette umzudrehen unter teilweisem Verlust jeglicher Logik, übt die US-Serie C.S.I. seit inzwischen 13 Jahren aus. The Cop eignet sich in Aspekten diesen Stil an - und verliert sich gleichzeitig darin.

Kalkulierter Erfolg

Wen das Strapazieren gut abgehangener Krimiklischees nicht stört, wird einschalten und sich freuen: Kommissar Jo, ein Alleingänger, außen unnahbar, innerlich hochsensibel, verheimlicht seine Tablettensucht, unterhält eine schwierige Beziehung zu seiner Tochter. Die Kollegen aber achten ihn und nennen ihn "den Großen", "Le Grand". Jean Reno (Léon - Der Profi) spielt den Serienhelden traumwandlerisch. Und so klebt alles hier etwas zu sehr am kalkulierten Erfolg: Das Opfer hatte sexuelle Vorlieben: "Er stand darauf, dort Liebe zu machen, wo man es sehen konnte."

Stärken europäischer Krimis wie Individualität und Genauigkeit haben bei so viel Effekthascherei kaum Platz. Tourismuswerbung wird fast infam betrieben. Alle Morde passieren vor berühmten Sehenswürdigkeiten und geben den Folgen ihre Namen: Notre-Dame, Place de la Concorde, Hôtel des Invalides, Eiffelturm, Place Vendôme, Le Marais, Oper, Katakomben. Immerhin: schön anzuschauen, aber das sagt man von Rosamunde Pilcher auch. Acht Folgen ab Mittwoch, 22.00 Uhr, ORF 1. (Doris Priesching, DER STANDARD, 3.7.2013)