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IWF-Missionschefin Enrica Detragiache empfiehlt Österreich, die verstaatlichte Hypo lieber früh als spät zu verkaufen.

Foto: Reuters/Herwig Prammer

Wien – Die Zeit drängt. So lautet die Botschaft des Internationalen Währungsfonds (IWF) für die österreichischen Finanzaufseher. Nicht nur im Fall Hypo sollte der Staat aufs Gaspedal drücken, befindet Enrica Detragiache, die für Österreich zuständige Expertin beim IWF bei einer Pressekonferenz zusammen mit der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) und Finanzmarktaufsicht (FMA).

Die Banken im Staatsbesitz, wie die Kärntner Hypo, sollten "rasch abgewickelt und ihre Vermögenswerte verkauft" werden. Weitere Verluste für den Steuerzahler, so Detragiache, seien zwar wahrscheinlich, aber eben mit längerem Zuwarten auch nicht zu vermeiden. Österreich sei "bis zuletzt recht langsam" gewesen, sich um seine Problembanken zu kümmern, befindet Detragiache. Nun aber müssten die Behörden bei der Abwicklung Tempo machen, auch wenn dadurch das Budgetdefizit oder der Schuldenstand steigen werden. Denn insgesamt, so schätzen die Experten des Währungsfonds, werden die Kosten der Abwicklung der Hypo "beherrschbar" für den Haushalt bleiben.

Allerdings muss der Staat bis 2018 seine Sparbemühungen verstärken, um die hohen Kosten der Bankenrettungen zu verdauen. Kurzfristig wird diese Aufgabe aber vom "enttäuschend niedrigen Wachstum" erschwert, schätzen die Ökonomen. Der IWF erwartet für 2013 gerade einmal 0,5 Prozent Wachstum, im kommenden Jahr nur ein Plus von 1,5 Prozent. Damit bleibe die wirtschaftliche Dynamik kraftlos, aber immerhin besser als in einigen anderen europäischen Ländern.

Besonderes Sparpotenzial für das Finanzministerium sieht der Währungsfonds gerade bei Pensionen, im Gesundheitssystem und bei Subventionen. So schlägt der Fonds vor, dass das Pensionsantrittsalter von Männern und Frauen früher als 2033 angeglichen wird und es automatische Anpassungen gibt, wenn die Lebenserwartung weiter steigt.

Kapital statt Dividende

Die zwei weiteren Hauptpunkte des IWF sind die Vereinfachung des Systems der Familienförderung und eine Neuverteilung von Ausgleichszahlungen. Wichtig sei vor allem auch der Ausbau der Kinderbetreuung, um das Arbeitsangebot für Frauen und damit das Wachstumspotenzial Österreichs zu erhöhen. Aus IWF-Sicht sei dies "eine relativ leichte Aufgabe", so Detragiache.

Doch auch abseits der Hypo gibt es Herausforderungen im heimischen Bankensystem. "Die Profitabilität macht uns Sorge", sagt der beim IWF für Finanzmarktfragen zuständige Nicolas Blancher. Österreich habe zu viele Banken und daher seien die Gewinnmargen unter Druck. Dazu kommt die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank, die den Margendruck noch zusätzlich erhöhe. "Es gibt kaum Raum für Selbstzufriedenheit bei den österreichischen Banken", befindet Blancher. Statt Dividenden zu erhöhen, sollten sie lieber Kapitalpuffer aufbauen und das Partizipationskapital des Staates zurückzahlen. Im internationalen Vergleich seien die heimischen Banken schwach kapitalisiert.

Zudem sollten sich die Aufsichtsbehörden, OeNB und FMA, stärker bemühen, Bankenkrisen und ein Überschwappen auf die Staatsfinanzen zu vermeiden. "Österreich braucht ein besseres System, um Banken abzuwickeln", mahnt Detragiache. Wie genau dieser Prozess aussehen wird, sei auch auf europäischer Ebene zu klären. Aktuell verhandeln die Länder der Eurozone über eine Bankenunion. (sulu, DER STANDARD, 2.7.2013)