Wien - Die Vorsitzenden der Universitätssenate schlagen Alarm: Die Novelle zum Universitätsgesetz (UG), die die Gründung medizinischer Fakultäten ermöglichen soll, gefährde die "an den österreichischen Universitäten bestehende hohe Qualität der medizinischen Forschung und Lehre", heißt es in einer Stellungnahme der Senatsvorsitzendenkonferenz. Das Gesetz soll noch in dieser Woche beschlossen werden.

Die Kritik der Senatsvorsitzenden richte sich "nicht grundsätzlich gegen den Plan einer neuen Medizinfakultät in Linz, wohl aber gegen den offensichtlich geplanten Gründungsprozess", betont deren Sprecher Helmut Fuchs im STANDARD-Gespräch. So sollen bestehende Krankenanstalten einfach durch Kooperationsvertrag in die neue Fakultät "eingezogen" werden. Die ärztlichen Leiter der Spitalsabteilungen sind dann automatisch die vorläufigen Leiter der entsprechenden Klinik an der Fakultät, zudem soll praktisch das gesamte ärztliche Personal an die Uni mitübernommen werden. "Nachweis von Publikationen und Lehrleistung nach universitärem Standard ist nicht gefordert."

Blitzverfahren

Was die Senatsvorsitzenden besonders empört: "Die Professoren sollen - wenn auch vorerst befristet auf fünf Jahre - in einem abgekürzten Blitzverfahren nur durch den Rektor ernannt werden", sagt Fuchs - ohne die bei ordentlichen Berufungen normalerweise üblichen akademischen Standards, heißt es im Beschluss der Senate: "Es ist wohl naheliegend, dass damit die 'Hebung' der Primarii, die ja bereits die Organisationseinheit leiten, ermöglicht werden soll."

Die Vertreter der obersten Kollegialorgane der Unis (im Senat sind Professoren, Mittelbau, Studierende, Verwaltungspersonal) verlangen neben einer "gesicherten zusätzlichen Finanzierung" auch "ordentliche Berufungsverfahren mit internationaler Ausschreibung und Berufungskommissionen, wie sie an Med-Fakultäten üblich sind, und nicht die Umgehung des inneren Qualitätssicherungssystems, das an Unis seit hunderten Jahren dafür sorgt, dass der oder die Beste ausgewählt wird", sagt Fuchs. Das schließe qualifizierte Ärzte ja nicht aus.

Ein ordentliches Berufungsverfahren müsse auch in den Grundlagenfächern wie Anatomie, Physiologie und Pharmakologie stattfinden, an denen sich die wissenschaftliche Qualität der medizinischen Ausbildung entscheide. "Von den Grundlagenfächern ist an den nichtuniversitären Kliniken meist nur wenig vorhanden."

Verfassungsjuristin Gabriele Kucsko-Stadlmayer, die Fuchs ab Oktober als Senatsvorsitzende der Uni Wien folgen wird, hat auch verfassungsrechtliche Bedenken: Mit den Personalbestimmungen in der Novelle werde das "System des UG, mit dem derzeit die Qualität einer Uni in Forschung und Lehre garantiert wird, völlig verlassen". Dafür gebe es aber keinerlei sachliche Begründung: "Der Leitgedanke scheint zu sein, dass man rasch eine medizinische Fakultät in Linz erzwingen will." (Lisa Nimmervoll, DER STANDARD, 1.7.2013)