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Ottensheim sei absichtlich überflutet worden, weil das die Wehrordnung verlangt, sagt ein Verbund-Sprecher. Man hätte die Betroffenen evakuieren müssen. Das Land Oberösterreich, das für Alarmierungen und Evakuierungen verantwortlich ist, will die Informationen über eine bevorstehende Flutung nie erhalten haben.

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Linz/Eferding/Wien - Der Verbund bestätigt, dass die Flutung der Region oberhalb des Donaukraftwerkes Ottensheim in den Bezirken Eferding und Urfahr-Umgebung absichtlich erfolgte. Das sei so in der Wehrordnung vorgesehen, erklärte ein Verbund-Sprecher gegenüber dem ORF-Servicemagazin Heute Konkret. Der oberösterreichische Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) reagierte in einer ersten Reaktion verärgert.

Zuletzt hatte der Verbund die von Bürgermeistern und Anrainern in den betroffenen Gebieten geäußerte Kritik an einem absichtlichen Fluten noch als "Fehlinterpretation" der Wehrordnung zurückgewiesen. Der Leiter der Werksgruppe Obere Donau vom Verbund, Reinhard Kremslehner, sagte jetzt aber dem ORF: "In Ottensheim liegen wir in einer Beckenlandschaft. Dort wird so gefahren, dass die Überströmstrecken und ein kontrolliertes Fluten des Hinterlandes, entsprechend der Wehrordnung, eingeleitet wird." 

Alarmierung ist Landessache

Die Frage, ob es daher klar sei, dass es dadurch im Eferdinger Becken zu Hochwasser kommen werde, bejahte er. Er stimmte auch der Aussage zu, dass man Evakuierungsmaßnahmen einleiten hätte sollen. Doch dafür sei der Verbund nicht zuständig, die vorgeschriebene Alarmierung sei an das Land weitergeleitet worden.

Einer der Kritiker des Verbundes, der Bürgermeister von Walding Josef Eidenberger (SPÖ), sieht sich nun bestätigt: Dass Wasser Platz brauche sei keine Frage, aber "wenn das strategische Konzept vor hat, das Eferdinger Becken künftig als Überflutungszone zu sehen, dann muss man das den Leuten vorher sagen und sie nicht nächtens ganz feige absaufen lassen".

Informationsmangel beim Krisenmanagement

Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) reagierte verärgert auf die Wendung in dem Fall. Er hätte sich "diese klaren Worte des Verbunds gleich zum Zeitpunkt der Katastrophe gewünscht, denn dann hätten sich die Menschen anders darauf einstellen können", sagte er zum ORF Oberösterreich. Er habe diese Informationen nicht gehabt. Es werde aber genau zu prüfen sein, ob Mitarbeiter des Landes diese Informationen bekommen hätten. Er könne sich nicht vorstellen, dass jemand bewusst Daten nicht weitergegeben hätte.

Pühringers Vermutungen bekräftigte am Samstagnachmittag auch das Krisen- und Katastrophenmanagement des Landes Oberösterreich. Demnach seien der behördlichen Einsatzleitung die nunmehr vom Verbund angesprochenen Informationen während der gesamten Dauer der Hochwasserkatastrophe nicht zur Verfügung gestanden. Es habe daher keine Möglichkeit mehr bestanden, die Bevölkerung rechtzeitig zu warnen oder zu evakuieren. Das teilte Michael Gugler von der Direktion für Inneres und Kommunales des Landes in einer Presseaussendung mit. 

Daten des hydrografischen Dienstes

Wiederholte Anfragen der Einsatzleitung an den Verbund seien mit einem Hinweis auf die Wehrbetriebsordnung ohne nähere Angaben beantwortet worden. Sie habe sich daher für ihre Maßnahmen und Anordnungen an den Informationen des Hydrografischen Dienstes des Landes Oberösterreich orientieren müssen. Diese seien nachweislich an die behördlichen Einsatzleitungen in den Bezirken und die Technische Einsatzleitung in der Landeswarnzentrale weitergegeben worden, stellte Gugler fest. Sie seien auch jederzeit von allen Beteiligen beziehungsweise der Bevölkerung über die Homepage des Landes Oberösterreich und dem Hydrografischen Dienst abrufbar gewesen.

43 Jahre bestehendes Faktum

Der oberösterreichische Umweltlandesrat Rudi Anschober (Grüne), erläuterte am Samstag in einer Presseaussendung, seit Errichtung des Kraftwerkes Ottensheim 1970 sei die Donau im Bereich des Eferdinger Beckens mit "Überströmstrecken" ausgestattet, die auch im damaligen Genehmigungsbescheid des Landwirtschaftsministeriums verbindlich vorgeschrieben seien.

Diese würden ab einem bestimmten Niveau eines Hochwassers aktiv. Im damaligen Genehmigungsverfahren seien alle Anrainergemeinden beteiligt gewesen. "Heute stellt sich die Frage, warum über dieses seit 43 Jahren bestehende Faktum die Bevölkerung offensichtlich unzureichend informiert wurde und warum in Teilbereichen jahrzehntelang zusätzliche Bauten zugelassen wurden", stellte er fest.

Interesse an freiwilligen Absiedlungen

Anschober ergänzte, die bisher ausgewerteten Daten zur Aufarbeitung des Hochwassers würden zeigen, dass es wesentlich gewaltiger gewesen sei, als bisher angenommen. Nach einer Informationsveranstaltung in Goldwörth Freitagabend mit hunderten Betroffenen hätten viele ihr Interesse an freiwilligen Absiedelungen deponiert. Laut ersten Untersuchungsergebnissen sei das Grundwasser im Eferdinger Becken teilweise bakteriologisch belastet und das Wasser vieler Brunnen weise daher nicht Trinkwasserqualität auf. Es handelt sich um geschätzte 800 Hausbrunnen.

Der BZÖ-Bündnissprecher und BZÖ-OÖ Spitzenkandidat Rainer Widmann forderte in einer Reaktion die Einsetzung einer mit internationalen Experten besetzten Untersuchungskommission. Er stellte auch eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft in den Raum. Team Stronach Klubobmann Robert Lugar kritisierte die bewusste Flutung als "bodenlose Frechheit und bewusstes Ignorieren aller erforderlichen Informationspflichten". Er forderte vollkommene Transparenz und Information für alle, die im betroffenen Gebiet wohnen und jene, die sich noch ansiedeln wollen. (APA/red, derStandard.at, 29.6.2013)