Nach der (in diesem Fall nur angenommenen) Flutwelle: Ein Mitglied einer Spezialeinheit sucht die Trümmer eines Hauses nach Toten und Verletzten ab.

Foto: Rotes Kreuz

Salzburg - Gegen das Szenario der dreitägigen internationalen Katastrophenschutzübung "Taranis 2013", die seit Donnerstag in Salzburg läuft, war das Hochwasser vor wenigen Wochen das sprichwörtliche Lercherl: Nach wochenlangem Starkregen bricht ein verklauster Damm am Pass Lueg an der Grenze zwischen Tennengau und Pongau. Eine gewaltige Flutwelle überschwemmt das nördliche Salzachtal und große Teile der Stadt Salzburg.

Die Folgen des "Tsunamis" sind verheerend: Es kommt zu Hangrutschungen und Murenabgängen, Gebäude stürzen ein, Menschen sind in Tiefgaragen gefangen, Krankenhäuser müssen auf Notbetrieb umstellen, die Wasserversorgung der Landeshauptstadt bricht zusammen, ein Zug mit Gefahrengut entgleist.

Eingeklemmte Figuranten

Die österreichischen Einsatzkräfte sind mit ihren Kapazitäten am Ende und fordern Hilfe aus den Nachbarstaaten an. Es kommen Hilfstrupps aus Deutschland, den Niederlanden, Rumänien, Bulgarien, Tschechien und Kroatien. Die Österreicher mit eingerechnet, versuchen rund 900 Spezialisten die einzelnen Schritte zur Bewältigung einer derartigen Katastrophe realitätsnah durchzuspielen.

Mit dabei sind Feuerwehren, das Rote Kreuz, Militäreinheiten, Berg-, Wasser- und Höhlenrettung sowie Spezialeinheiten wie etwa die "Search and Rescue"-Einheit aus den Niederlanden oder auf Trinkwasseraufbereitung spezialisierte Experten aus Kroatien. Etwa 800 Statisten, im Fachjargon "Figuranten" genannt, helfen mit. Sie mimen Verletzte oder beispielsweise in einem Zug eingeklemmte Personen.

Generalprobe nach der Uraufführung

Die nach dem keltischen Gott des Wetters und des Donners Taranis benannte Übung sei so etwas wie "die Generalprobe nach der Uraufführung", sagte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) am Freitag in Anspielung auf das eben erst bewältigte Hochwasser Anfang Juni. Mikl-Leitner war gemeinsam mit der für den Katastrophenschutz zuständigen EU-Kommissarin Kristalina Georgiewa aus Bulgarien bei einem Lokalaugenschein in Salzburg.

Die Frequenz katastrophenartiger Ereignisse wie auch ihre Intensität werde durch den Klimawandel zunehmen, warnte Georgiewa. Auch Europa werde davon nicht verschont bleiben. In den vergangenen zehn Jahren seien in Europa rund 100.000 Menschen bei derartigen Naturkatastrophen ums Leben gekommen.

Dass es der EU bei der länderübergreifenden Zusammenarbeit bei derartigen Unglücken ernst ist, will die Kommissarin mit der Finanzierung der Übung unterstreichen. Von den knapp 1,2 Millionen Euro Gesamtbudget hat die Union 85 Prozent übernommen.

Knackpunkt Kommunikation

Ziel der EU-Katastrophenschutzpolitik wäre, die technische Ausrüstung der Einsatzkräfte so zu standardisieren, dass die einzelnen Modulsysteme "wie Legosteine" zusammenpassen, sagt Georgiewa. Dabei spiele die Kommunikation eine zentrale Rolle.

Beim Hilfseinsatz nach dem Erdbeben in Haiti 2010 beispielsweise habe sich gezeigt, dass die italienischen und die französischen Helfer anfangs nicht kommunizieren konnten, weil ihre Funksysteme auf verschiedenen Frequenzen gesendet hätten.

Bei der Übung in Salzburg sei die Kommunikation zwischen den verschiedensprachigen Einheiten auch die größte Herausforderung, sagt Salzburgs Rot-Kreuz-Kommandant und Taranis-Übungsleiter Anton Holzer. Vor allem die einzelnen Teamleader müssten alle die englischen Fachausdrücke können. (Thomas Neuhold, DER STANDARD, 29.6.2013)