Olafur Eliasson entzündet im Lentos ein kosmisches Lagerfeuer.

Foto: Reinhard Haider Courtesy of the artist/Olafur Eliasson

Olafur Eliasson: "Ich bin noch nicht dort, wo ich hinwill. Ich denke ja nicht: Boah, jetzt bin ich wichtig."

Foto: Studio Olafur Eliasson

Darüber hinaus ist er auch als Unternehmer und Aktivist präsent.

Linz - Der Mann hat eine Mission. Und alle hören ihm genau zu. Wenn er seine gelbe Little Sun in die Höhe hält und ein- und ausschaltet, starren ihn die Anwesenden gebannt an. Er spricht lange, erklärt ausführlich, wie er und der Solaringenieur Frederick Ottesen mit dieser kleinen solarbetriebenen Lampe die Welt ein Stück heller und Menschen in Gebieten ohne Anschluss an ein Stromnetz ein Stück gesünder und unabhängiger machen können.

"Wenn ein Kind abends neben einer Kerosinlampe seine Hausaufgaben machen muss, dann ist das etwa so schädlich wie 40 gerauchte Zigaretten", erklärt der 46-Jährige. Mit einer Little Sun, mittels LED Lampe besonders langlebig, können Kinder abends lernen und lesen, ohne sich der Gefahr von Lungenkrebs aussetzen zu müssen. 1,6 Milliarden Menschen hätten keinen Zugang zu Strom, so Eliasson. Um nicht nur Entwicklungshilfe zu leisten, sondern auch Selbstwert zu steigern, macht er Menschen zu Unternehmern und Konsumenten. Das bedeutet: In Europa und den USA werden die Lampen um 20 Euro verkauft; mit dem hier erzielten Gewinn (die Produktionskosten liegen bei 5,50 Dollar/Stück) kann man den Verkauf in afrikanischen Ländern wie Äthiopien stützen, dort also um etwa zehn Dollar verkaufen.

Niemand brauche etwas geschenkt, wenn er es kaufen kann, ist der in Berlin lebende Künstler, Unternehmer und Aktivist überzeugt. Als einen Versuch von "Egalisierung über Konsum" will er dies aber nicht sehen. "Mir kommt etwas zugute, was ich in der Kunst gelernt habe: ein völlig anderer Umgang mit postkolonialistischer Theorie und Sprache als manche NGOs, die noch eine sehr trennende Sprache verwenden. Ich sage nicht, dass wir keine Fehler machen, aber wir versuchen doch, gleichberechtigt und auf Augenhöhe mit unseren Unternehmer-Partnern in Afrika zu kommunizieren. Wenn alle überall auf der Welt Little Sun - wenn auch zu unterschiedlichen Preisen - kaufen können, dann wird der gefühlte Abstand zwischen Städten wie Mailand und Addis Abeba kleiner. Es ist kein Projekt, das von hier nach da geht, nein, es ist ein Projekt, das überall auf der Welt stattfindet."

Olafur Eliasson ist ein völlig zynismusfreier Mensch und überzeugt von dem, was er sagt: "Die Leute, die sich selber helfen wollen, die sollen lieber eine Yogaklasse besuchen und nicht Solarlampen herstellen lassen, um sie in Afrika zu verkaufen." Er arbeite hart am Vertrieb der Little Sun, es sei anstrengend, es koste eine Menge Geld und sei manchmal frustrierend, wenn etwa der Energieminister eines afrikanischen Landes wieder einmal einen Termin platzen lässt.

Geboren 1967 in Dänemark als Sohn isländischer Eltern, gehört Olafur Eliasson seit Jahren zu den wichtigsten und einflussreichsten Künstlern der Gegenwart. In den Rankinglisten findet er sich konstant unter den ersten zehn, seine Licht-, Nebel-, Wasser-Installationen werden weltweit in Museen gezeigt bzw. als Kunst in öffentlichen Räumen realisiert.

Kreative Spiele

"Wann haben Sie bemerkt, dass Sie nun mit den Großen ganz vorne mitspielen?" Eliasson lacht, denkt nach, "Ach, ich bin ja so ehrgeizig. Ich arbeite schließlich auch sehr hart, und eigentlich bin ich noch nicht dort, wo ich hinwill. Ich denke ja nicht: Boah, jetzt bin ich wichtig. Ich zweifle an mir, und die Kunst ist eigentlich die einzige Disziplin, die Zweifel nicht nur zulässt, sondern sichtbar macht." Für die Installation, die im Lentos gezeigt wird - und die schon 2011 als Sua fogueira cósmica in São Paolo präsentiert wurde --, habe er mehr "kreativ gespielt als gearbeitet". Vier Zylinder mit Filtern in den CMYK-Farben (Cyan, Magenta, Yellow, Black) und zwei Schwarzblenden, die sich in unterschiedlichen Geschwindigkeiten gegeneinander drehen, erzeugen immer neue Farbmischungen. Kompositionen, mit denen der Betrachter als sein eigener Schatten wiederum spielen kann. Er habe sich während seiner Ausbildung an der Kunstschule vom Begriff der Phänomenologie inspirieren lassen, sei aber in den letzten zehn Jahren davon abgekommen, weil in der Phänomenologie das Subjekt im Vordergrund stehe und weniger kollektive Systeme. Der Betrachter im Museum sei aber Teil eines solchen Systems: "Im Museum ist keiner allein, es ist auch kein zeitloser Raum."

Mit seinen Arbeiten schaffe er Situationen nach ähnlichen Mustern. Dazu braucht es: eine Institution, ein "bisschen Mechanik, in Linz also eine Leuchte mit ein bisschen Schnickschnack drin" und die Betrachter mit der eigenen Geschichte und unterschiedlichen Erwartungen. Die Schnittstelle sei der Ausstellungsraum.

Und da steht man, läuft herum, sieht den eigenen Schatten, betrachtet die verschiedenen Farbkompositionen, wie sie langsam die Wände des Raumes abtasten.

Raum mit Schnickschnack

"Man sieht sich plötzlich selber aus der Perspektive der Wand, und dann gibt es diese Drehung, und die Wand wird zum Subjekt, und dann sieht man plötzlich andere Schatten, von Besuchern, die den Raum betreten haben, und beginnt mit diesen Schatten zu spielen", schier endlos scheinende Möglichkeiten der Bespielung und Betrachtung eines einfach gestalteten Raumes. Nichts Großes, nichts Kompliziertes. Nur das Museum als eine kollektive Wahrnehmungsmaschine und als ästhetischer Reflektor: "Und da kommt mir dieser große Raum im Lentos sehr entgegen. So ein großer Raum mit ein bisschen Schnickschnack, das ist toll." (Wiltrud Hackl, DER STANDARD, 29./30.6.2013)