Bild nicht mehr verfügbar.

David Cameron feilscht in Brüssel.

Foto: Reuters/Lenoir

Auf diesen Tag haben Kommissionspräsident José Manuel Barroso und EU-Par­lamentspräsident Martin Schulz wohl schon lange gewartet. Ihnen kommt bei EU-Gipfeln machtpolitisch sonst die Position der zweiten Geige zu. Am Donnerstag aber zogen die beiden in Brüssel alle Aufmerksamkeit auf sich.

Kurz vor Mittag, nur vier Stunden bevor die Staats- und Regierungschefs vor dem Ratsgebäude vorfuhren, riefen sie überraschend zu einer Pressekonferenz. "Ich freue mich mitteilen zu können, dass wir eine politische Einigung zum künftigen EU-Budget bis 2020 haben", strahlte der Kommissionspräsident.

Der Rahmen bleibe bei 960 Milliarden Euro an Verpflichtungen auf sieben Jahre zwischen 2014 und 2020. Echte Zahlungen dürfen 908 Mrd. nicht unterschreiten. Dazu kommen 37 Mrd. Euro für außerbudgetäre Maßnahmen. So haben das die EU-Regierungschefs im Februar beschlossen.

Aber es soll nun die von den EU-Parlamentariern als Bedingung für ihre Zustimmung geforderte Revision des Sparhaushalts 2016 ebenso geben wie auch eine gewisse "Flexibilität" beim Vollzug. Die Abgeordneten wollen, dass nicht verbrauchte Mittel aus einzelnen Budgetbereichen auf andere Aufgaben – etwa Förderung der Beschäftigung – übertragen werden können. Wie weit das ginge, ob es keine Beitragsrückzahlungen an Staaten mehr gäbe, ist unklar.

Es sei das zwar "ein schwieriger Kompromiss", sagte Schulz zum Deal mit Barroso und dem derzeitigen EU-Ratsvorsitzenden aus Irland, der für die 27 Regierungen sprach. Er wolle aber schon nächste Woche dafür kämpfen, damit der langfristige Budgetplan (MFR) in Straßburg eine Mehrheit finde.

Damit schien ein Ergebnis zum wichtigsten offenen Thema des Gipfels vorweggenommen. Parlament und Rat hatten monatelang heftig um die knappen Budgetmittel gerungen. Vorige Woche war es zum Eklat gekommen, zu bösen Vorwürfen an den Rat. Von "Lüge" und "Desinformation" der Öffentlichkeit war die Rede.

Knappe Kassen

Ein letzter Anlauf auf Finanzministerebene blieb erfolglos (die wenigstens eine die Staatsbudgets bisher belastende EU-Bankenabwicklung. Alle Hoffnung auf eine Lösung beim Budget lastete auf den Regierungschefs. Aber da preschten eben Barroso und Schulz vor. Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel wies darauf hin, wie wichtig eine Einigung wäre, da man nur dann die geplanten Maßnahmen zur Förderung der Jugendbeschäftigung setzen könne. Sechs Milliarden Euro sollen den sechs Millionen arbeitslosen Jugendlichen in der EU zufließen.

Der Gipfel wollte beschließen, dass die Mittel aus dem Finanzrahmen bis 2020 bereits auf die Jahre 2014 und 2015 vorgezogen werden. Und es soll – nach dem Vorbild Österreichs – eine Ausbildungsgarantie geben. Jeder Jugendliche soll einen Ausbildungsplatz erhalten. Alles hätte schnell gehen können. Aber Premier David Cameron nutzte seine Chance, stellte den Barroso/Schulz-Deal infrage, kam mit Gegenforderungen nach einer Anhebung des britischen Beitragsrabatts um 300 Millionen Euro auf 3,6 Mrd. Euro. Bis in die Nacht wurde gefeilscht.

Die nächste Hürde sind die Fraktionen im EU-Parlament, wo man eine qualifizierte Mehrheit braucht. Grüne und Liberale sind skeptisch bis dagegen, die Konservativen eher dafür, die Sozialdemokraten schwankten zuletzt.

Um mehr Geld für Maßnahmen ging es bei dem von Merkel erneut eingebrachten Vorschlag der Schaffung eines "Solidaritätsfonds" in der Eurozone. Damit könnte die Konjunktur in einzelnen Staaten angekurbelt werden. Eine Mehrheit der Regierungschefs, auch Kanzler Werner Faymann, äußerte sich dazu skeptisch. (Thomas Mayer aus Brüssel /DER STANDARD, 28.6.2013)